Rituale vor der Osternacht
Freiwillige Helfer putzen die Kirche, Messdiener erbitten rohe Eier für einen Palmzweig.
Krefeld. Das höchste Fest der Christen naht. Bis es soweit ist, erleben die Gemeinden eine ausgefüllte Woche. Die Priester sind sehr beansprucht, und auch die Gemeinde ist fest in die Vorbereitungen eingebunden. Nicht immer geht es in der österlichen Zeit um Abendmahl-, Taufwasser- oder Lichtfeier. Vor dem Fest ist auch in den Gotteshäusern Frühjahrsputz angesagt.
In St. Cyriakus in Hüls bringen zwei Dutzend Leute den Marmorboden, die Holzschnitzereien und die vergoldeten Altarfiguren auf Hochglanz. „Ostern muss doch alles schön sein. Das ist doch selbstverständlich“, sagt die 85-jährige Sophia Stenmans, die mit einem weichen Tuch Politur auf den Holzbänken verteilt. „Ich gehe gerne in die Kirche. Der Frühjahrsputz gehört dazu.“ In der Bank neben ihr erklärt Gabriele Kaiser, dass diese Aktion die Gemeinschaft fördert.
„Im Rahmen der Emanzipation putze ich auch“, sagt Paul Koenen und lächelt. „Ich habe vor einigen Jahren das alte Uhrwerk restauriert, nun reibe ich es blank. Zuvor habe ich die Maria auf ihrem Altar abgestaubt.“ Zum Dank halten Pfarrer Paul Jansen und Kaplan Thorsten Obst nach der Aktion in der Sakristei Kaffee und Plätzchen zur Stärkung der fleißigen Leute bereit.
Am Mittwoch ist der Tag der 200 Messdiener. Das „Osterklappern“ steht an. Die Jungen und Mädchen schwärmen ab 9 Uhr in Hüls aus, sammeln Geld für ihre Kasse und rohe Eier für die Osternacht. „Sie reichen den Spendern einen gesegneten Palmzweig und überbringen den Ostergruß“, berichtet Jansen, der mächtig stolz ist auf seine große Messdienerschar. „Wir proben bis zum Fest auch noch dreimal gemeinsam die feierlichen Messen“, ergänzt er.
Am Gründonnerstag beginnt die Abendmahlfeier um 20 Uhr. Auch sie ist für die Christen etwas Besonderes. Neben Jansen und Obst steht Pfarrer Hans-Gerd Schütt am Altar. Beim festlichen Gloria läuten alle sieben Glocken der Kirche. Neben der großen Walburga ertönt auch die Christina, die zweitälteste Glocke der Stadt. „Sie wurde 1356 gegossen.“ Danach verstummen sie ebenso wie die Schellen und die Orgel, aus Trauer um den Kreuzestod Jesu. Jansen: „Im Volksmund sagt man: ,Die Glocken fliegen nach Rom‘.“ Mit der Stille erhalte der Gottesdienst einen ganz anderen Charakter, erklärt der Geistliche weiter.
Dann beginnt ab 22 Uhr die Nacht des Wachens. „An der so genannten ,Ölbergwache‘ nehmen nur wenige teil“, weiß Jansen aus Erfahrung. „Es ist nicht ganz leicht, die Nachtstunden in der Kirche zu verbringen. Gegen drei Uhr am Morgen wird es eiskalt und die Müdigkeit stark spürbar.“ Die Nacht endet Karfreitag um fünf Uhr mit der Laudes, dem Morgengebet.
Der Karsamstag bringt die Feier der Osternacht. Sie beginnt um 21 Uhr. „Es muss dunkel sein.“ Dann strömen rund 1000 Christen in die Hülser Kirche. Während sie im verdunkelten Kirchenschiff versammelt sind, zünden die Pfadfinder der Hülser Stammes ein Osterfeuer an.
„Die Priester ziehen dann mit 60 Messdienern und allen Kindern, die möchten, aus der Sakristei nach draußen und entzünden die Osterkerze. Die Flamme wird gehütet, bis sie mit dem feierlichen Einzug den Altar erreicht hat. Die Messdiener geben das Osterlicht an die Gläubigen weiter, die alle eine kleine Kerze bekommen und nach Hause tragen dürfen.“ Mit dem Exultet erklingt der älteste Gesang der Christenheit und mit dem Gloria auch wieder Glocken, Orgel und Schellen.
Nach der Feier der Osternacht geht es zum Osterfeuer auf den Hof des Heinrich-Joeppen-Hauses. Dort gibt es ein Glas Wein, denn die Fastenzeit ist vorbei.