Hochdahl: Schüler verschenken ihre Zeit
Hochdahler Gymnasiasten lesen Senioren im Haus Bavier vor, spielen mit ihnen und bieten Videoabende an. Dafür gab es nun den zweiten Platz beim WZ-Schulpreis.
Hochdahl. Zeit ist ein kostbares Gut — auch für Schüler, die seit Einführung des „Turboabiturs“ immer größere Schwierigkeiten haben, ihre schulischen Verpflichtungen mit den Hobbys unter einen Hut zu bekommen. Dennoch verschenken 17 Schüler des Gymnasiums Hochdahl regelmäßig Zeit. In dem kürzlich mit dem zweiten Platz beim WZ-Schulpreis 2012 ausgezeichneten Projekt „Sozial — Genial“ engagieren sie sich im Haus Bavier. „Wir kochen und spielen mit den Senioren, es gibt Vorlesenachmittage und einen Männerstammtisch, künftig auch Videoabende und Computerkurse“, sagt Schülersprecher Jonas Krabs.
Nachdem das Projekt seit gut einem Jahr läuft, ziehen alle Beteiligten ein positives Zwischenfazit. „Die Arbeit macht uns sehr viel Spaß und die Senioren geben uns das Gefühl, dass wir sehr willkommen sind und sie sich auf uns freuen“, sagt Marie-Theres Gröne, die seit Beginn des Schuljahres 2011/12 alle zwei Wochen den Lesekreis besucht. Dieser wurde eingerichtet, weil viele der Senioren im Haus Bavier nicht mehr selbst lesen können — die Augen sind zu schlecht.
„Wir lesen aus unterschiedlichsten Bereichen vor, beispielsweise Zeitungsartikel und Romane“, berichtet Gröne. Janina Karl, die meistens zusammen mit ihrer Freundin Marie-Theres im Haus Bavier ist, freut sich immer wieder, „in die erfreuten Gesichter beim Vorlesen zu blicken.“ Besonders gefällt ihr, wenn die Bewohner anfangen, etwas über ihre Vergangenheit zu erzählen, „da es sehr spannend ist, Geschichten von früher zu erfahren“.
Anna Rüdiger und Leonie Tobies stecken mitten in den Vorbereitungen für ihre Vorabitur-Prüfungen. Trotzdem spielen sie regelmäßig mit den Senioren „Mensch ärgere Dich nicht“, „Canasta“, „Halma“ oder „Rummikub“.
„Manchmal denke ich schon, dass ich eigentlich lernen müsste, aber spätestens wenn ich dort bin, macht es Spaß und ich genieße die Zeit“, sagt Leonie, die durch das Projekt gefahren hat, wie wichtig es ist, soziale Verantwortung zu übernehmen. „Ich hoffe, dass ich später einmal nicht auf fremde Hilfe angewiesen bin, aber wenn doch, gibt es hoffentlich Menschen, die sich dann auch die Zeit nehmen“, sagt die Schülerin.
Lernen mussten die Gymnasiasten aber auch, dass es in einem Altenheim auch traurige Momente gibt — wenn Menschen sterben oder so verwirrt sind, dass sie die Schüler nicht wiedererkennen. „Über diese Erlebnisse reden wir regelmäßig“, sagt SV-Verbindungslehrerin Andrea Lorenz, die auch den Anstoß zu dem Engagement gegeben hatte.
Im Haus Bavier freut man sich über den „frischen Wind“, der mit den Schülern ins Haus weht. „Die Schüler bringen eine Lebendigkeit mit, die sehr gut ankommt und sich in der Freude des Miteinanders widerspiegelt“, zieht Sozialdienst-Leiterin Silvia Usiayo eine positive Zwischenbilanz und ist gespannt auf die Weiterentwicklung des Projektes.