Fall Mirco: Todesursache bleibt unklar
Die Eltern des kleinen Mirco aus Grefrath werden die Wahrheit über die letzten Stunden ihres Sohnes möglicherweise nie erfahren. Auch das jüngste Geständnis des mutmaßlichen Mörders Olaf H. stimmt mit der Spurenlage nicht überein.
Krefeld/Schwalmtal/Grefrath. Der mutmaßliche Mörder des kleinen Mirco hat womöglich auch bei seinem Geständnis vor Gericht gelogen. Beim Prozessauftakt vor einem Monat war er von der Variante abgerückt, Mirco ein Messer in den Hals gerammt zu haben.
Er habe den Jungen erdrosselt, ein Messer sei nicht im Spiel gewesen, ließ er das Krefelder Landgericht wissen. Am Freitag gab der Vorsitzende Richter Herbert Luczak jedoch bekannt, dass im Halsbereich von Mircos Poloshirt Blut des Jungen festgestellt wurde. Mircos Eltern waren auch am vierten Verhandlungstag in den Gerichtssaal gekommen - und ertrugen trotz der Warnung des Richters die grausigen Details des Obduktionsberichts.
Bei der Obduktion der skelettierten Leiche Mircos konnte die Todesursache nicht mehr festgestellt werden. Nicht einmal das Geschlecht der Leiche war bestimmbar. Der Bruch einer Rippe könne auch nach dem Tod des Jungen durch Tiere verursacht worden sein, heißt es im Obduktionsbericht. Das Skelett des Jungen war nicht mehr vollständig, als es fünf Monate nach der Tat in einem Waldstück gefunden wurde.
Mehr Erfolg hatten die Ermittler bei den übrigen Analysen: An Mircos Jogginghose, die der Täter auf einem Parkplatz weggeworfen hatte, fanden die Kriminaltechniker laut Gutachten fast 2500 Partikel, darunter auch die DNA des Angeklagten. Außerdem stellten sie an ihr Urinspuren fest. Das wiederum deckt sich mit der Aussage von Olaf H., Mirco habe sich vor Angst eingenässt.
Fasern stimmten mit der Kleidung des Angeklagten am Tattag überein. So sei das Hemd von Olaf H. vermutlich in direkten Kontakt mit Mircos Kleidung gekommen, fanden die Kriminaltechniker heraus.
Welche der Versionen, die H. der Polizei erzählt hat, nun die Wahrheit ist — und ob überhaupt eine stimmt, das konnte die Obduktion nicht klären. Das Gericht hat zudem einen Rechtsmediziner befragt, ob man so, wie Olaf H. es beschrieben hat, überhaupt einen Menschen töten kann.
Das Ergebnis: Mund und Nase müsste man schon etwa fünf Minuten zuhalten, um jemanden zu töten, aber unmöglich sei es nicht. Auch wenn man ihm die Luft lange genug im Schwitzkasten abdrücke, sterbe ein Mensch. Am wahrscheinlichsten sei aber die Variante des Erdrosselns. Nach 15 bis 20 Sekunden werde man bewusstlos, bis zum Tod dauere es aber drei bis fünf Minuten unter gleich bleibender Gewalteinwirkung. Olaf H. schweigt dazu weiterhin.
Der Prozess soll am 2. September fortgesetzt werden. Dann sollen Zeugen aus dem Umfeld des Angeklagten vernommen werden.
Der Zehnjährige Mirco war am 3. September 2010 auf dem Nachhauseweg entführt und ermordet worden. Zeugen hatten am Ort der Entführung auf einem dunklen Feldweg zur fraglichen Zeit einen Kombi beobachtet, wie ihn der Angeklagte fuhr. Die Polizei hatte Monate später in dem damaligen Dienstwagen von Olaf H. Faserspuren von Mircos Kleidung gefunden.
Der ehemalige Telekom-Mitarbeiter war dreimal verheiratet und ist mehrfacher Vater. Bis zu seiner Festnahme wohnte Olaf H. unauffällig in einer Eigenheim-Siedlung in Schwalmtal bei Mönchengladbach, 17 Kilometer südlich von Mircos Wohnort Grefrath.