Lebenslang für Mircos Mörder - Frage nach dem Warum bleibt

Eine der größten Suchaktionen in der Geschichte Deutschlands konnte Mircos Leben nicht retten. Vor gut einem Jahr tötete Olaf H. den arglosen Zehnjährigen am Niederrhein. Nun wurde der Mörder verurteilt, die Frage nach dem Warum bleibt.

Krefeld/Grefrath. Höchststrafe für den Mörder des zehnjährigen Mirco aus Grefrath: Das Landgericht Krefeld verurteilte Olaf H. am Donnerstag zu lebenslanger Haft und stellte zugleich die besondere Schwere der Schuld fest. Damit wird der 45-Jährige das Gefängnis wohl frühestens im Rentenalter verlassen. Mircos Eltern verfolgten die Urteilsverkündung schweigend. Für sie sei der Richterspruch „ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg der Trauerarbeit“, sagte Nebenklägerin Gabriele Reinartz. Die Verteidigung kündigte Revision an.

„Der Angeklagte entführte, missbrauchte und ermordete den zehnjährigen Mirco“, sagte der Vorsitzende Richter Herbert Luczak in der Urteilsbegründung. „Wie es zu dieser Tat kommen konnte, hat sich verlässlich in dieser Verhandlung nicht klären lassen.“ Es gebe zwar Hinweise auf Sadismus als Motivation, beweisbar sei dies aber nicht gewesen.

Olaf H. hatte bei seinen Vernehmungen und vor Gericht zahlreiche Versionen der Tat geschildert. Vieles davon erwies sich als gelogen. In seinem Schlusswort hatte er erklärt: „Mir ist bewusst, was für eine schreckliche Tat ich begangen habe. Ich erwarte keine Vergebung.“ Zu seinem Motiv schwieg der bis zu seiner Tat unbescholtene Familienvater hartnäckig. „Dass die Frage nach den Motiven unbeantwortet bleibt, wird die Familie ein Leben lang begleiten“, sagte Nebenklägerin Reinartz.

Mirco war am 3. September vergangenen Jahres auf dem Nachhauseweg entführt worden. Fünf Monate später gestand der Manager aus Schwalmtal die Tat und führte die Ermittler zur Leiche des Kindes. Die Polizei hatte Olaf H.s Handy am Tattag im Umkreis des Tatorts geortet. Er fuhr einen Passat Kombi - ein Auto dieses Typs hatten Zeugen beobachtet. Die Polizei hatte daraufhin 2500 Autos überprüft, bis sie im Dienstwagen des Telekom-Managers Faserspuren von Mircos Kleidung entdeckte.

Bei seinen verschiedenen Angaben habe sich Olaf H. immer mehr dem tatsächlichen Ablauf angenähert, sagte der Richter. Er habe Mirco in der Dunkelheit aufgelauert, ihn vom Fahrrad geholt und ins Auto gezwungen. Fast eine halbe Stunde sei er mit dem verängstigten Kind durch die Dunkelheit gefahren - eine Leidensfahrt für den Jungen.

An einer einsamen Stelle im Wald hielt der Manager an, verging sich an dem Jungen und erdrosselte ihn - aus Sicht des Gerichts, um die vorherigen Taten zu verdecken. Auf dem Heimweg seien ihm Zweifel gekommen, ob der Junge tatsächlich tot war. Olaf H. sei umgekehrt und habe dem bereits toten Jungen mit voller Wucht ein Messer in den Hals gestoßen.

Die Angaben des Angeklagten, dass ihn ein heftiger Streit mit seinem Chef vor der Tat aus dem Gleichgewicht gebracht habe, seien völlig unglaubwürdig, sagte der Vorsitzende Richter. Ein Gutachter hatte den bis dahin unbescholtenen Familienvater als voll schuldfähig eingestuft. Er sei hochintelligent und vermutlich ein sadistisch-perverser Täter.

Mit der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld folgte das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Diese Entscheidung habe sich das Gericht nicht leicht gemacht, und sie habe nichts mit öffentlichen Erwartungen zu tun, betonte Luczak. Anklägerin Silke Naumann hatte in ihrem Plädoyer gesagt, der Angeklagte habe mit seinen diversen Lügen und Geständnisversionen seinen perfiden Charakter gezeigt. Die besondere Schwere der Schuld verlängert die Haftdauer in der Regel um fünf bis sechs Jahre.

Um Mirco zu finden, hatte die Polizei eine der größten Suchaktionen in der Geschichte der Bundesrepublik gestartet. 1000 Polizisten durchkämmten mehrfach Felder und Wälder bei Grefrath am Niederrhein. Auch die Bundeswehr half mit Tornados bei der Suche.