"Sommer im Regen" Am schönsten regnet’s aus dem Schlauch

Mal ist es zu nass, mal ist es zu trocken: So richtig zufrieden sind die Landwirte mit dem Wetter fast nie. Aber mit Hilfe von Technik können sie die Natur überlisten.

Foto: Kurt Lübke

Mit Bauernregeln kennt Bernhard Rüb sich aus. „Ist der Mai kühl und nass, füllt’s dem Bauern Scheun’ und Fass“, ist eine der bekanntesten dieser Wetter-Weisheiten aus alter Zeit. „Nass war es im Mai zwar, aber viel zu warm — und der Regen ist teilweise auch zu stark gewesen“, erklärt der Sprecher der Landwirtschaftskammer NRW in Köln — und schiebt schmunzelnd eine inoffizielle Wetter-Regel hinterher: „Richtig zufrieden sind die Bauern mit dem Wetter ja nie.“

Wohl wahr. Die Antwort auf die Frage, ob es in diesem Sommer bisher zu nass oder zu trocken war, fällt bei den Landwirten nicht eindeutig aus. Helmut Oellers zum Beispiel, Stadtlandwirt in Willich (Kreis Viersen), wünscht sich ganz konkret 20 bis 30 Millimeter Niederschlag etwa alle acht Tage. Er sagt aber auch: „Trockene Jahre sind gute Jahre.“ Denn dann fällt die Ernte kleiner aus, es kommt weniger auf den Markt — und die Preise sind höher.

Derzeit sieht es so aus, als ob es aus Sicht von Oellers ein gutes Jahr wird. Denn da zuletzt nicht genug Wasser vom Himmel kam und oft ein strammer Wind blies, der alles austrocknete, muss er vier computergesteuerte Beregnungsanlagen auf seinen Feldern einsetzen. „Die Kartoffeln brauchen das“, betont der Landwirt. Und nicht nur die: Auch bei Obst und Getreide („Der Weizen stirbt schon ab“) muss etwas gegen Trockenschäden unternommen werden.

Der Klimawandel führt nach Ansicht von Oellers’ Vorgänger Theo Heyes zu immer größeren Wetterextremen: Gewitter mit Hagel (so wie im Mai in Krefeld) oder auch Platzregen (wie jüngst in Düsseldorf und Wuppertal) wechseln sich mit langen Trockenperioden ab. Wer wo wie stark betroffen ist, ist reine Glückssache. „Der Vizepräsident unserer Kammer kommt aus Wuppertal vom Berg. Der hat vom Starkregen gar nichts mitbekommen“, berichtet Bernhard Rüb.

Gegen Hagel kann man sich versichern. Und auch gegen die Trockenheit könne man etwas tun, betont der Sprecher der Landwirtschaftskammer. Beregnungsanlagen seien für Landwirte derzeit „die sinnvollste Investition in die Zukunft“. Die Nachfrage sei mittlerweile so stark, dass solche Anlagen teils nur schwer zu bekommen seien.

Die Kosten sind allerdings hoch. Die Landwirtschaftskammer kalkuliert für eine Fläche von 50 bis 100 Hektar für Brunnen, Pumpenaggregat für Diesel oder Strom, Erdleitung, Hydranten und Beregnungsmaschinen mit 100 Euro pro Hektar. Hinzu kommen variable Kosten für Diesel oder Strom. Nicht zu vergessen die damit verbundene Arbeit: Immer wieder müssen die Anlagen umgesetzt werden. „Pro Beregnungsgang komme ich auf Kosten von 120 Euro pro Hektar“, sagt Helmut Oellers.

Im Sommer 2017 war die künstliche Beregnung nicht nötig, denn da gab’s einen „Monsun“, wie Bernhard Rüb es ausdrückt: „Da war alles Mist — außer die Zuckerrüben-Ernte.“ Aktuell ist er mit der Entwicklung zufrieden: Erdbeeren und Spargel hätten eine hohe Qualität, hohe Erträge und günstige Preise für die Verbraucher gebracht.

Obstbauer Bernd Schumacher aus Tönisvorst kann nicht klagen: „Nach der Blüte war es sehr warm. Wir konnten deshalb schon am 25. Mai mit der Kirschernte beginnen. Die gleiche Sorte haben wir im Vorjahr erst ab dem 20. Juni gepflückt.“ Die Qualität der Früchte sei „grandios“: „Der Zuckerwert ist super.“

Was ihm Sorgen bereitet, ist der Hagel. „Die Versicherung dagegen wird immer teurer“, sagt Schumacher. Deshalb ist er dazu übergegangen, überall dort Hagelnetze zu spannen, wo er neue Obstbäume setzt. Die Netze sollen nicht nur das Obst schützen, sondern auch das Holz der jungen Bäume vor Schäden durch Hagel bewahren. Auf einer Fläche von fünf Hektar setzt er sie jetzt ein.

Mit der Regenmenge am Niederrhein war Bernd Schumacher bisher zufrieden. Derzeit sehe es so aus, als ob es zu trocken werde. Seinen Apfelbäumen gönnt er in diesem Fall eine Kronen-Beregnung. Kirschen und Birnen sind empfindlicher und bekommen ihr Nass von unten über Tröpfchen-Schläuche.

Wie gesagt: Richtig zufrieden sind die Bauern mit dem Wetter ja nie. Und so schauen sie ganz gespannt auf die kommenden Wochen. Viel regnen, so sagt Bernhard Rüb, sollte es ab sofort nicht mehr: „Bei der Getreideernte sind wir auf Trockenheit angewiesen.“ Zur Begründung verweist er auf den 24. Juni, den Johannistag. Und damit einmal mehr auf eine Bauernregel: „Vor Johanni bitt’ um Regen — nachher kommt er ungelegen.“

wz.de/regenzeit