Bomben auf Wuppertal: 6000 Menschen getötet, Tausende traumatisiert
Flieger-Alarm, „Christbäume“ und Phosphorbomben: Wie der Barmer und der Elberfelder Angriff im Mai und Juni 1943 die Zivilbevölkerung trafen.
Wuppertal. Weite Teile des Stadtgebietes bis auf die Grundmauern zerstört, etwa 3500 Menschen getötet, etliche verletzt, viele schwer. Die Kriegsgeneration ist traumatisiert, und das über Jahrzehnte hinweg: In der Nacht vom 29. auf den 30. Mai jährt sich der Barmer Angriff zum 70. Mal — und mit ihm die Erinnerung an den Bombenkrieg im Bergischen Land, der mit den Zerstörungen in Elberfeld am 25. Juni 1943 nur wenige Wochen später einen weiteren Höhepunkt erreichte.
So stehen der Mai und der Juni im Zeichen von Gedenkfeiern: In der Gemarker Kirche in Barmen und auf dem Bandwirkerplatz in Ronsdorf wurde am Mittwoch bei zwei ökumenischen Gottesdiensten an die Bombenangriffe auf Wuppertal erinnert. Die Stadt Wuppertal plant eine zentrale Gedenkstunde am 16. Juni — ebenfalls in der Gemarker Kirche (siehe Info-Kasten rechts).
Und auch 70 Jahre später sprechen die Zahlen für sich: Am 30. Mai und am 25. Juni 1943 wurden weite Teile Wuppertals in Barmen, Elberfeld und Ronsdorf aus der Luft in Schutt und Asche gelegt. Dabei kamen insgesamt etwa 6000 Menschen ums Leben, 2700 Menschen wurden schwer verletzt. Etliche Tote wurden nach dem Abwurf von Phosphorbomben bis zur Unkenntlichkeit verbrannt und blieben noch auf der Flucht im geschmolzenen Asphalt der Straßen stecken. Tausende Häuser wurden über Nacht zerstört und zogen einen Flüchtlingsstrom aus der zerbombten Stadt nach sich. Wuppertal brannte tagelang. Der Feuerschein war selbst im Ruhrgebiet noch am Nachthimmel zu sehen.
„Niemals zuvor in der Wuppertaler Geschichte hatte es einen derart abrupten Bruch in der Kontinuität, eine derart fundamentale Katastrophe gegeben“, beschreibt es der Wuppertaler Historiker und Buchautor Hans Joachim de Bruyn-Ouboter in seiner Barmer Stadtchronik: „In zwei furchtbaren Nächten wurden neben anderen Quartieren vor allem die Innenstädte von Barmen, Elberfeld und Ronsdorf sowie in Cronenberg das Rathaus und etliche Häuser zerstört.“ Bereits im März 1943 hatte die britische Luftwaffe damit begonnen, strategisch bedeutende Ziele im Ruhrgebiet anzugreifen, um die deutsche Rüstungsindustrie zu treffen und die Bevölkerung zu demoralisieren.
Wuppertal rückte als Großstadt parallel zur „Battle of the Ruhr“ als Standort wichtiger Zulieferbetriebe ins Fadenkreuz. „Keine Industriestadt in Deutschland“, so zitiert der Historiker Jörg Friedrich in seinem Buch „Der Brand“ die britische Zeitung „Times“ im Nachgang des verheerenden Bombenangriffs, „ist zuvor so vollständig von der Landkarte wegradiert worden“. Es sollte Wochen in Anspruch nehmen, die Toten aus den Ruinen zu bergen. 80 Prozent der Wohnfläche in Barmen waren nach dem Einsatz der Brandbomben zerstört.
Dazu machten sich am Abend des 29. Mai 719 Flugzeuge von England aus auf den Weg nach Wuppertal. Kurz nach Mitternacht gab es Fliegeralarm. Den leuchtenden Zielmarkierungen am Himmel — im Volksmund auch als „Christbäume“ bezeichnet — folgte gegen 0.50 Uhr der Abwurf der ersten Spreng- und Brandbomben auf Barmen.
Dass die Angriffswelle auch Ronsdorf traf, war in dieser Form nicht geplant: Ursprünglich sollte von Vohwinkel aus auch Elberfeld getroffen werden. Angesichts der deutschen Flugabwehr steuerten die Bomber das Wuppertaler Stadtgebiet aus südwestlicher Richtung an — und trafen neben Ronsdorf unter anderem auch den Barmer Wald und das Viertel am Toelleturm. Nach Angaben des britischen „Bomber Command“ trafen 475 der 719 Maschinen beim Barmer Angriff ihr Ziel. 33 Bomber wurden abgeschossen, 3900 Häuser zerstört, 1800 erheblich beschädigt.
In der Nacht vom 24. auf den 25. Juni 1943 starteten 630 Flugzeuge zum Elberfelder Angriff, der um ein Uhr früh begann und auch in Cronenberg Zerstörungen nach sich zog. Nach diesem Bombardement brannten zwölf Quadratkilometer Stadtgebiet. Etwa 5000 Häuser wurden zerstört oder beschädigt. Alleine in dieser Nacht fielen der Überlieferung nach mehr als 2300 Tonnen Spreng- und Brandbomben auf Wuppertal — mit fatalen Folgen.