Ronsdorfer Erinnerungen: „Aus der Stadt rollte die Brandlawine an“

Günter Urspruch berichtete von den Ereignissen in Ronsdorf im Mai 1943.

Ronsdorf. Das Unrecht begann nicht vor 70 Jahren, sondern zehn Jahre früher. Das stellte Günter Urspruch unmissverständlich klar, bevor er am Mittwoch in der Seniorenbegegnungsstätte an der Erbschlöer Straße über die Bombennacht vom 29. auf den 30. Mai 1943 berichtete.

Die Einrichtung des Lagers Kemna 1933 war Urspruch eine lange Einleitung wert, weil der dort manifestierte Wahn untrennbar mit den späteren Geschehnissen verbunden gewesen sei. Täter und Opfer in der Kemna hätten einander von den Straßenschlachten der 20er-Jahre gekannt, was die Situation so prekär gemacht habe. Für 4600 Häftlinge bedeutete dies unermessliches Leid.

Indirekt stellte sich da die Frage, was den Deutschen erspart blieb, hätten die Alliierten nicht gesiegt. Was sie im Bombenhagel zu erdulden hatten, vermochte Urspruch — Jahrgang 1945 — nicht aus eigener Anschauung und dennoch anschaulich zu beschreiben. Er rief dabei in Erinnerung, was uns heute längst nicht mehr geläufig ist. In Elberfeld und Barmen hätten die Bombenopfer als lebendige Fackeln auf den Straßen gestanden, weil sie im heißen Asphalt feststeckten. Da in Ronsdorf Kopfsteinpflaster vorherrschte, habe es dort solche Szenen kaum gegeben.

Auch auf andere Weise war der Fortschritt nicht unbedingt ein Helfer im Kampf gegen das Grauen. So habe die städtische Wasserversorgung beim Löschen der Häuser schnell versagt. Die Brunnen, die Rettung hätten bringen können, waren jedoch von den Bewohnern lange zuvor zugeschüttet worden, weil Wasser aus der Leitung die bequemere Lösung schien.

Der Vortrag lebte aber nicht nur von den erschütternden Berichten, die Urspruch im Laufe seines Lebens bei Zeitzeugen gesammelt hat. Eine kleine Sensation waren vielmehr die gezeigten Lichtbilder, die der Gärtner Erich Arends (1894—1966) kurz nach den Bombennächten aufgenommen hatte. Der Zug mit der Kamera durch die verwüsteten Straßen war damals ein gefährliches Unterfangen, denn es war untersagt, die Zeugen des Terrors zu dokumentieren. Während die Fotos die Anschaulichkeit unterstützten, waren auch wenig bekannte Fakten zu hören, etwa die Tatsache, dass schon im März 1941 ein erstes Haus in Ronsdorf von einer Bombe zerstört wurde.