Trassen-Streit auf der Kippe: Klage oder Waffenstillstand?
Vergabe-Experte hält Vorgehen der Stadt für falsch. Carsten Gerhardt denkt über Klage nach.
Wuppertal. Die Fronten sind verhärtet — der Streit um von der Stadt zurückgehaltene Fördergelder für die Wuppertal Bewegung eskaliert und geht in eine neue Runde. Carsten Gerhardt, Vorsitzender der Wuppertal Bewegung, hatte Oberbürgermeister Peter Jung aufgefordert, seine Aussagen, wonach die Wuppertal Bewegung bei der Vergabe von Arbeiten auf der Nordbahntrasse Fehler gemacht habe, zurückzunehmen. Jung reagierte nicht, aber Kämmerer Johannes Slawig wies die Forderungen zurück.
Wie berichtet, hält die Stadt derzeit etwa 350.000 Euro an Fördergeldern zurück, weil ihrer Ansicht nach von der Wuppertal Bewegung die Vorschriften der Stadt, die strenger sind als die vom Land NRW, nicht eingehalten wurden.
Das lässt die Wuppertal Bewegung nicht auf sich sitzen und hat deswegen den renommierten Rechtsanwalt Boesen erneut beauftragt, diese Aussagen der Stadt auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen. Die Kanzlei Boesen ist Europas größte Einzelkanzlei und spezialisiert auf Vergaberecht. Arnold Boesen war früher Richter und maßgeblich an den Vergabegesetzen des Landes NRW beteiligt.
Boesen kommt nun in einem neuen Gutachten zu dem Schluss, dass die Vergaberichtlinien der Stadt Wuppertal im Fall der Wuppertal Bewegung gar nicht anwendbar seien. Es sei zudem nicht nachvollziehbar, dass die Stadt fürchte, die Bezirksregierung könne die Fördergelder zurückfordern. Grund: Die Bezirksregierung habe die strengeren Richtlinien — auf die sich die Stadt beruft — ja selbst gar nicht erlassen. Folglich sei es nicht zulässig, dass sie deren Einhaltung einfordere. Außerdem könne die Stadt jederzeit ihre schärferen Auflagen zurücknehmen — auch dann könne die Bezirksregierung Fördergelder nicht zurückfordern. In der Summe kommt der Vergabeexperte zu folgendem Ergebnis: „Es stehen der Auszahlung der Zuwendungen an die Nordbahntrassen GmbH insgesamt keine rechtlichen Hindernisse entgegen, sie könnten daher sofort erfolgen.“
„Nein“, sagt Kämmerer Slawig. Er räumt ein, dass Boesen ein „anerkannter Experte für das Vergaberecht“ sei, aber: „Der Bekanntheitsgrad entscheidet nicht über die Zulässigkeit einer Rechtsauffassung.“ Und das Wuppertaler Rechtsamt, so Slawig, sei nun einmal anderer Rechtsauffassung. Dies habe man Gerhardt in einer neuerlichen Stellungnahme mitgeteilt. „Wir sehen das anders“, sagt daher der Kämmerer und lehnt erneut ab, die schärferen Wuppertaler Richtlinien zu ändern — oder das Geld an die Ehrenamtler auszuzahlen.
Carsten Gerhardt trägt sich indes mit dem Gedanken, die ausstehenden Fördergelder einzuklagen, wenn nichts anderes hilft. Slawig sagt dazu: „Eine Klage ist keine Lösung des Problems.“
Er bietet Gerhardt und Boesen ein Gespräch an, „um das Thema zu versachlichen“ wie er sagt. Eine Lösung, das räumt er ein, sieht er indes nicht: „Ich habe nichts in der Schublade.“ Gerhardt wiederum sagte am Donnerstag: „Wir nehmen das Gesprächsangebot sehr gerne an und sind froh, wenn wir Experten mitbringen können.“