Offen gesagt Glücklich in Wuppertal?
Wuppertal. Das Wuppertal Institut ist grundsätzlich schon eine bemerkenswerte Angelegenheit. Als Klimaforscher genießen die Wissenschaftler vom Döppersberg Weltruf, als Untersucher davon, wie sich Gesellschaften im Laufe der Zeit veränderten und verändern werden, also transformieren, leistet das Institut viel beachtete Pionierarbeit.
Dazu ist es erforderlich, zu wissen, wie die Menschen tun und denken, die diesen Transformationsprozess verursachen und gleichzeitig erleben. Also fragen die Forscher. Das machen sie im digitalen Zeitalter mit Hilfe einer sogenannten App, eines Computerprogrammes also, das auf jedem Smartphone funktioniert. „Glücklich in Wuppertal“ heißt die App. Sie hat ein ebenso ansprechendes wie sympathisches Symbol und den Vorteil, dass jeder Teilnehmer jederzeit befragt werden kann, weil das Handy ja heute immer und überall dabei ist. Schlau, diese Wissenschaftler.
Und klug sind sie obendrein. Denn mit den Auskünften, die möglichst viele Wuppertaler anonym geben, erfahren die Forscher nicht nur, wie die Wuppertaler sich fühlen, sie sagen auch, wie sie leben, mit wem sie sich umgeben, was ihnen wichtig ist. Wer noch mitmachen will, findet unter gluecklich-in-wuppertal.de alles, was er dafür wissen muss.
Sinnvoll ist die Teilnahme in jedem Fall. Sie führt zwangsläufig dazu, sich regelmäßig in nur maximal 30 bis 60 Sekunden darüber Gedanken zu machen, wie der Tag als Wuppertaler gewesen ist. Wie war’s auf der Arbeit? Wie war es im Straßenverkehr? Welche Menschen waren Gesprächspartner? Was war mit Freizeit? Und wo fand sie statt? Welche Rolle haben die Familienmitglieder just an diesem Tag gespielt?
All diese Fragen mögen banal erscheinen. Aber in Wirklichkeit umfassen sie das ganz normale Leben eines ganz normalen Menschen. Arbeit, Freizeit, Familie. Und wie ist das alles in Wuppertal zu erleben?
„Glücklich in Wuppertal“ reduziert und erweitert zugleich. Es reduziert den Teilnehmer auf sein eigenes Leben, und erweitert gleichzeitig die Sicht darauf, wie viele von Bürgern schwer beeinflussbare Faktoren dieses Leben mitgestalten. Und die allermeisten davon werden in Rathäusern bestimmt.
Deshalb wäre es sehr wünschenswert, dass möglichst viele kommunale Entscheidungsträger an dem kurzweiligen Spielchen des Wuppertal Instituts teilnähmen. Vielleicht erführen sie durch Bewusstseinsbildung am eigenen Leibe, was wirklich notwendig ist für ein glückliches Leben in der Stadt, die sie leiten und lenken. Sind Weihnachtsmärkte wirklich so wichtig? Ist es in den Meldeämtern wirklich so schlimm oder vielleicht noch schlimmer? Ist der Zustand von Straßen und öffentlichen Gebäuden vielleicht gar nicht so bedeutend oder viel wichtiger? Wenn dieses kleine Programm vom Institut am Döppersberg dazu beitrüge, dass Parteien und Funktionäre durch konstruktives Kreisen um sich selbst Erkenntnisse gewinnen, dann wäre das gut für Wuppertal und für alle Wuppertaler.
Und um die Eingangsfrage zu beantworten: Ja, leben in Wuppertal macht glücklich. Es ist ein Glück, nach ein paar Tagen Abwesenheit die Schwebebahn am Gerüst zu sehen. Es macht glücklich, etwa aus Düsseldorf zu kommen und schon von weitem das satte Grün dichter Wälder auf sanften Hügeln zu sehen. Es ist wunderschön, durch Straßen zu gehen, deren Häuserzeilen an die Blütezeit urbaner Architektur erinnern. Es ist schön, dass immer mehr Studenten die Stadt erobern.
Aber Wuppertal machte noch glücklicher, wenn noch mehr Wuppertaler sorgenfreier daran teilhaben könnten, wenn das Gefühl entstünde, dass die wichtigen Aufgaben in der richtigen Reihenfolge erledigt werden. Das zu gewährleisten, ist vor allem die Aufgabe der Frauen und Männer in Rat und Ver- waltung dieser Stadt.