Offen gesagt Lobbyarbeit gegen Schüler
Wuppertal. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft spricht sich für die Einrichtung einer siebten Gesamtschule in Wuppertal aus. Das war zu erwarten. Es war ebenso zu erwarten, wie der Vorschlag, dafür kein neues Gebäude zu bauen, sondern bestehende umzunutzen.
Mit anderen Worten: Schließt Gymnasien, macht Gesamtschulen auf. Die ideologische Schlammschlacht ist eröffnet. Denn um nichts anderes geht es. Gymnasien sind der GEW seit Jahr und Tag ein Dorn im Auge. Sie verwechselt die Schule für Abiturienten schon immer mit Eliteförderung. Und Elite ist nicht das, was die Gewerkschaft will. Sie ist mehr für Gleichmacherei.
Dabei haben Gymnasien nichts, rein gar nichts mit Eliteschulen zu tun. Gesamtschulen sind ja schließlich auch nicht nur für bildungsferne Schichten gedacht. Die einen wie die anderen leisten vielmehr vorzeigbare Arbeit mit immer wieder erstaunlichen Ergebnissen. Dass die Gesamtschule Barmen 2015 zur besten der Nation gewählt wurde, dass die Gesamtschule Else Lasker-Schüler nun auch auf diesem Weg ist, zeigt, dass Schulen sich selbst zu Bestleistungen herausfordern. Das gilt auch für Gymnasien, wie etwa für das CFG auf Küllenhahn oder das CDG in Wichlinghausen und geschieht letztlich zum Wohl der Schüler. Und nur um die sollte es in einer modernen, zielorientierten Bildungslandschaft gehen.
Vermutlich wird es einige Zeit dauern, bis GEW-Funktionärinnen das verstehen. Die Zeit bis dahin könnte Wuppertal nutzen, seine Schullandschaft frei von Ideologie und Parteifarbe so zu organisieren, dass die etwas davon haben, um die es geht: die Kinder. Zwar steht auch der amtierende Schuldezernent Stefan Kühn (SPD) nicht im Verdacht, ein großer Freund der Hauptschulen zu sein. Aber er erweckt immerhin den Eindruck, sich der Schulfrage sachlich nähern zu wollen. Wenn auch andere in Wuppertal das Thema Bildung so betrachten, dann könnte sich die Erkenntnis durchsetzen, dass die Schulvielfalt eine große Chance ist. Denn selbstverständlich gibt es Kinder, für die das Gymnasium genau die richtige Wahl ist, weil sie in der Grundschule dafür Zeichen gesetzt haben. Es gibt Mädchen und Jungen, für die Gesamtschulen perfekt sind, weil sie nicht schlechter, aber vielleicht langsamer lernen, weil der Knoten ein bisschen später platzt. Ebenso wird es Kinder geben, für die Hauptschulen ideal sind, weil das Lernziel klar ist und die Kinder nicht mit dem subtilen Wunsch der Eltern konfrontiert werden, doch irgendwie das Abitur machen zu sollen. Mithin haben alle Schulformen ihre Berechtigung.
Deshalb sollten Parteien und Gewerkschafter endlich aufhören, den Hauptschulen ihr Ende vorauszusagen in der Hoffnung, dass sich die herbeigeredete Prophezeiung bald erfüllen möge. Es gibt auch ein Leben ohne Abitur. Es soll in Deutschland sogar noch die Chance bestehen, ohne Hochschulabschluss Bundeskanzler zu werden. Wenn die GEW das hört . . .
Lobbyarbeit gehört zum Geschäft von Gewerkschaften. Dafür gibt es sie schließlich. Wenn jetzt noch jemand der GEW begreiflich macht, dass es bei ihrer Lobbyarbeit nicht um Schulen geht, sondern um Schüler, wenn Politiker der Landesmutter begreiflich machen können, dass zu ihrem „Wir lassen kein Kind zurück“ auch ein ordentlich finanziertes Bildungssystem gehört, dann wird in Wuppertal alles gut: mit Gesamtschulen, mit Gymnasien, mit Hauptschulen.