Offen gesagt: Diese Wahl hat Peter Jung verloren

Der sozialdemokratische Freudensekt dürfte mittlerweile ein bisschen schal geworden sein. So richtig prickelt der Wahlsieg vom vergangenen Sonntag längst nicht mehr. Denn schon in der Nacht zu Montag hatte sich herausgestellt, dass die SPD zwar ein paar Hundert Stimmen mehr hat als die CDU, aber bei den Ratsmandaten herrscht ein Patt.

Ein Kommentar von Lothar Leuschen.

Foto: Michaelis, Judith

Und schon war es vorbei mit den Machtwechselträumen. Rot-Gelb-Grün reicht nicht. Rot-Rot-Grün geht nicht, Rot-Schwarz soll nicht: Wird sich Bells Meisterstück im Wahlkampf als Ladenhüter erweisen? Geht es am Ende doch nur wieder im alten Trott mit der CDU?

Wenn das so käme, wäre zumindest einer erleichtert: Oberbürgermeister Peter Jung. Denn im Prinzip ist er es gewesen, der die Wahl für seine Christdemokraten verloren hat. Wenn er vorzeitig zur Wiederwahl angetreten wäre, dann hätte die CDU nicht acht Prozent verloren, weil Jung mehr konservative Wähler mobilisiert hätte. Dann wäre die CDU noch stärkste Kraft im Stadtrat und Jung selbst säße fest im Sattel.

Nun kann alles geschehen. Wenn der machtbewusste Dietmar Bell auch nur ein halbwegs stabiles Bündnis jenseits der CDU zusammenzimmern kann und die SPD in den nächsten Monaten außerdem einen tauglichen OB-Kandidaten findet, dann muss Jung sich schon mächtig strecken, um im Amt bleiben zu dürfen.

Denn die Zeiten, in denen die CDU in Wuppertal die stärkste Partei gewesen ist, sind wohl vorbei. Zumal in der AfD eine, wenn auch zweifelhafte, Partei entstanden ist, die vor allem im Teich der Union fischt.

Das alles wäre gar nicht so schlimm, weil der Machtwechsel schließlich zur Natur der Demokratie gehört. Aber Wuppertal befindet sich im Umbruch. Die ganz schlechten Zeiten sind vorbei, endlich drehen sich wieder Krane im Tal, endlich erkennen Investoren auch von außerhalb die Vorzüge dieser Stadt.

Anderthalb Jahre Wahlkampf um den OB-Posten, ein Stadtrat ohne klare Mehrheiten, Ratsleute, die zanken wie die Kesselflicker, und Parteien, die sich mehr mit sich selbst beschäftigten als mit Kommunalpolitik können dem zarten Aufschwung ein Ende setzen. Jung hätte das wissen müssen. Aber er wollte auf Nummer sicher gehen. Nun ist alles unsicher.