Offen gesagt Wir Griechen: Warum jede Pleite bitter ist
Raus aus der Schuldenfalle! Wie schwierig das ist, wird seit Jahren eindrucksvoll von der EU im Sündenfall Griechenland demonstriert. In einem europäischen Finanzsystem, das selbst die Experten kaum noch verstehen, geht es mit jeder weiteren Rettungsaktion und Finanzspritze mit Griechenland abwärts.
Von Finanzspritzen lebt auch Wuppertal und teilt mehr Sorgen mit den Griechen, als man denkt. Die Stadt ist seit Ende des vergangenen Jahres überschuldet.
Alle Immobilien und Kunstschätze aus dem städtischen Besitz würden nicht ausreichen, um die Schulden von mehr als zwei Milliarden auszugleichen. Wuppertal gehört den Banken, und die hätten eigentlich allen Grund, der Stadt den Geldhahn zuzudrehen. Doch das wird nicht geschehen. Ganz im Gegenteil, die Stadt darf sich zurzeit zu sehr günstigen Konditionen frisches Geld beschaffen und bezahlt niedrigere Zinssätze als jemals zuvor. Davon können die Griechen nur träumen. Pleite und doch nicht pleite — wie geht denn das? Wir Wuppertaler haben wenig Grund, mit dem Finger auf die Griechen zu zeigen.
Dass wir in einer Stadt leben, die ihre Verwaltungsmitarbeiter bezahlen kann und Sozialhilfe leistet, ist so selbstverständlich nicht. Das geht nur, weil das Land NRW und der Bund hinter den armen Städten stehen. Der Stärkungspakt des Landes NRW, aus dem Wuppertal bis 2017 pro Jahr 60 Millionen Euro erhält, sowie die Hilfen des Bundes sind nicht allein lebenserhaltende Finanzspritzen, sondern dienen auch als Beruhigungsmittel für die Finanzmärkte. Die klare Botschaft lautet: Im Falle eines Falles steht die Bundesrepublik für alle Schulden der Städte gerade.
Mit dieser Rückendeckung kann die Stadt Wuppertal neue Kredite zu günstigen Konditionen erhalten — und das zu weit niedrigeren Zinssätzen als sie von Griechenland zurzeit gefordert werden. Sogar eine Städteanleihe im Verbund mit fünf anderen Städten wurde zuletzt erfolgreich platziert. Neben der Rückendeckung von Bund und Land hat aber auch der Sparkurs der Stadt dazu beigetragen, Vertrauen zu schaffen. 2017 muss als erste Etappe auf einem langen Weg der Haushaltsausgleich geschafft werden. Ab dann darf die Stadt keine neuen Schulden mehr aufnehmen. Im zweiten Schritt muss der Schuldenberg abgebaut werden.
Einen Schuldenschnitt — also die Übernahme der zwei Milliarden Euro durch Bund und Land wird es nicht geben. Im besten Fall wird der Stadt über einen Altschuldenfonds die Zinsbelastung abgenommen. Ein dicker Brocken: Knapp 30 Millionen Euro zahlt Wuppertal 2015 an Zinsen. Kommt der Altschuldenfonds für arme Städte, dann hätte Wuppertal die Chance, der Tragödie griechischen Ausmaßes zu entgehen. Alles unter der Voraussetzung, dass die Wirtschaft in Wuppertal weiter boomt. Kommt die nächste Flaute, wird sie arme Städte besonders treffen. Wer das bittere Ende vermeiden will, der muss sparen. Es braucht keinen Schäuble, um das zu verstehen. Am Ende ist eine Pleite genau das, was jede Pleite ist: bitter.