Landtagswahl 17 Das sagen NRWs Politiker zu möglichen Fahrverboten für Dieselfahrzeuge (mit Video)
Zur Landtagswahl haben wir jeweils drei Fragen aus unterschiedlichen Bereichen an die Parteien geschickt. Diesmal zum Thema Umwelt und Verbraucher. Das sind die Antworten.
Frage 1: In den Böden und Gewässern in NRW gibt es zu viel Nitrat. Was ist nach Meinung Ihrer Partei zu tun?
Frage 2: Helfen Fahrverbote für Dieselautos gegen die schlechte Luft in den Städten Nordrhein-Westfalens?
Frage 3: Muss die Hygiene-Ampel sein?
Antwort 1: Die Wasserqualität unserer Flüsse und Bäche steigt dank vielfältiger Investitionen in die Gewässerreinhaltung und die Renaturierung kontinuierlich. In NRW haben wir mit dem Emscher-Umbau beispielhaft bewiesen, wie aus einer Kloake wieder ein natürlicher Fluss wird. Wir räumen der Wasserqualität weiterhin höchste Priorität ein. Durch die Umsetzung des Düngegesetzes und der Düngeverordnung werden wir zu einem höheren Schutz des Grundwassers und der Trinkwasserversorgung beitragen. Und wir sorgen weiterhin dafür, dass es in NRW kein Fracking gibt.
Antwort 2: Viele Menschen haben sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten ein Diesel-Fahrzeug gekauft, um Geldbeutel und Umwelt zu schonen. Man darf sie jetzt nicht pauschal zu Sündenböcken machen. Wir wollen stattdessen die E-Mobilität ausbauen. Zunächst muss hierfür eine flächendeckende, verlässliche Ladeinfrastruktur geschaffen werden. Die Forschung und Entwicklung bei der e-Mobilität werden wir weiter stärken. Und wir wollen NRW zum ersten Flächenland machen, in dem der komplette ÖPNV abgasfrei fährt. Wir werden daher 60 Prozent der Mehrkosten abgasfreier Busse fördern. In Kombination mit der Förderung von Stadtbahnen soll so die Verkehrswende im ÖPNV gemeistert werden.
Antwort 3: Mit der Hygiene-Ampel haben wir eine sichere Möglichkeit geschaffen, die Qualität von Restaurants, Bäckereien, Metzgereien oder anderen Lebensmittelbetrieben einzuschätzen. Das ist für jeden von uns eine wichtige Information, besonders aber für Familien mit Kindern oder Menschen mit angeschlagener Gesundheit. Das neue Kontrollbarometer stärkt die Interessen der Verbraucher ebenso wie die Betriebe, die einwandfrei arbeiten. In der Einführungsphase werden die Erfahrungen mit dem Siegel ausgewertet und auch eventuelle Belastungen für die Kommunen berücksichtigt.
Antwort 1: Wir haben in einigen Regionen unseres Landes erhöhte Werte an Stickstoffverbindungen wie beispielsweise Nitrat. Ein Teil dieser Einträge erfolgt unter anderem durch die Landwirtschaft. Hier wurde auf Bundesebene bereits reagiert. Mit der Novelle der Düngemittelverordnung werden Rahmenbedingungen vorgelegt, an die die Landwirtschaft gebunden ist, um eine weitere gezielte Minimierung zu erreichen.
Antwort 2: Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in Innenstädten, von denen Millionen Menschen in NRW betroffen wären, lehnen wir ab. Zum einen käme durch ein solches Verbot der Wirtschaftsverkehr und damit die Versorgung der Innenstädte zum Erliegen. Zum anderen käme dies für die Halter von Dieselfahrzeugen einer kalten Enteignung gleich. Besonders betroffen wären gerade Familien mit geringem Einkommen und kleine Handwerksbetriebe, die sich nicht einfach so ein neues Fahrzeug leisten können, darauf aber angewiesen sind.
Antwort 3: Nein. Die Hygieneampel ist ein Bürokratiemonster, das Betriebe schwächt und Verbraucher nicht schützt. Sie gaukelt Schein-Transparenz vor und gehört abgeschafft.
Antwort 1: Die industrialisierte Landwirtschaft bedroht unsere Umwelt und natürlichen Ressourcen. Wir setzen uns für weniger Pestizide und Gülle auf den Äckern ein, um die Artenvielfalt zu Land und im Wasser zu erhalten. Durch sauberes Wasser und intakte Böden sorgen wir auch für unbelastete Lebensmittel. Deswegen wollen wir eine Gülleabgabe, von der kleine bäuerliche Betriebe über entlastende Freibeträge ausgenommen werden. Über die Düngeverordnung wollen wir Stickstoffeinträge in die Gewässer verringern und dafür sorgen, dass Landwirtschaft flächendeckend gewässerschonend betrieben wird. An Güllelagern sollen Auffanganlagen bei Unfällen verhindern, dass Gülle in Gewässer oder Boden gelangt. Auf Bundesebene setzen wir uns für ein Pestizid-Reduktionsprogramm ein.
Antwort 2: Anwohner von stark befahrenen Straßen fordern zu Recht ein, dass wir ihre Gesundheit schützen. Wir wollen, dass die Menschen in den Städten wieder durchatmen können. Das erreichen wir mit emissionsfreier Mobilität und mehr öffentlichem Nahverkehr. Mögliche Maßnahmen können auch Fahrzeugzulassungen auf Basis realer Werte, die Förderung des Umweltverbundes, der Ausbau von Elektromobilität oder die Nachbesserung der vom Abgasskandal betroffenen Dieselfahrzeuge gehören. Der Verbrennungsmotor ist für uns ein Auslaufmodell, wir fördern stattdessen moderne, emissionsfreie Fahrzeuge. Fahrverbote wollen wir aber nicht, denn durch sie müssten Autofahrerinnen und Autofahrer für die illegalen Machenschaften der Automobilhersteller bezahlen.
Antwort 3: Eine deutliche Mehrheit in der Bevölkerung wünscht sich, dass die Ergebnisse von Hygiene-Kontrollen in Gaststätten und Lebensmittelmärkten öffentlich gemacht werden. Das Kontrollbarometer schafft Transparenz, es ist Verbraucherschutz made in NRW. Der allergrößte Teil der Betriebe wird von Beginn an gut bis sehr gut abschneiden und sofort im grünen Bereich landen. Andere werden motiviert, ihre Standards nochmals zu verbessern. Das Barometer bedeutet mehr Mündigkeit für die Verbraucher. Gleichzeitig werden Schlupflöcher für Schmuddelbetriebe geschlossen.
Antwort 1: Die Düngeausbringung hat fachgerecht zu erfolgen, um Belastungen des Ökosystems zu verhindern. Die Bauern gehen im Allgemeinen mit den Düngevorschriften sehr gewissenhaft um. Was wir brauchen, ist endlich ein praxisgerechtes Düngerecht, das die Umwelt schützt und unnötige Bürokratie vermeidet.
Antwort 2: Fahrverbote für Dieselfahrzeuge, sofern sie nicht die Euro-6-Norm einhalten, lehnen wir ab. Die Euro-6-Norm ist erst seit Herbst 2015 Standard für Neuzulassungen bei Dieselfahrzeugen und es wurden bisher vergleichsweise nur wenige modernste Pkw und Lkw zugelassen. Die Einführung einer Blauen Plakette (also Fahrverbote für Diesel) hätte zur Folge, dass rund 13 Millionen Dieselfahrzeuge aus den Innenstädten verbannt werden könnten. Der Wirtschaftsverkehr und damit die Versorgung der Innenstädte käme zum Erliegen. Für die Halter von Dieselfahrzeugen kommt dies einer kalten Enteignung gleich. Gerade Familien mit geringem Einkommen und kleine Handwerksbetriebe können sich nicht so einfach ein neues Fahrzeug leisten. Zudem ist der Nutzen der neuen Umweltzonen angesichts der Erfahrungen mit den bisherigen Feinstaubzonen fraglich. Vorrangig müssen der bedarfsgerechte Ausbau des Straßennetzes, ein intelligentes Verkehrsleitsystem und die zügigere Umsetzung von Baustellen sein. Das verringert Staus, entlastet Anwohner chronisch verstopfter Ortslagen und schont durch Verringerung von Abgasen die Umwelt.
Antwort 3: Nein. Die Hygiene-Ampel ist lediglich ein Hygiene-Pranger. SPD und Grüne versprechen Transparenz in Sachen Hygiene, tatsächlich aber werden die Verbraucher hinters Licht geführt. Die Einstufung in „grün“, „gelb“ oder „rot“ lässt keine Rückschlüsse über konkrete Hygieneverstöße zu. Denn kontrolliert werden auch andere Aspekte wie Dokumentationspflichten. Aus diesen Gründen wurde das Ampel-Pilotprojekt vom Oberverwaltungsgericht bereits als rechtswidrig eingestuft. Für die FDP hat Hygiene erste Priorität. Wir wollen einen verbindlichen Hygiene-Führerschein für diejenigen, die beruflich mit Lebensmitteln umgehen. Das sensibilisiert und schützt Verbraucher effektiver.
Antwort 1: Stickstoff und Nitrat aus der Gülle belasten das Grundwasser, eine unserer wichtigsten Lebensgrundlagen sowie die Böden. Um Gülletourismus und Überdüngung zu verhindern, sollte die Tierhaltung an die zur Verfügung stehende Fläche gekoppelt werden. Gülleimporte wollen wir verbieten und die Einhaltung besser kontrollieren. Ökologisch und tiergerecht produzierende Betriebe sollen besser gefördert werden.
Antwort 2: Solche Verbote sind sozial unausgewogen, weil sie auch Menschen treffen, die auf ihr Auto angewiesen sind, sich aber kein neues leisten können. Andere Maßnahmen zur Reduzierung von Luftverschmutzung würden allen zugute kommen. Bus und Bahn müssen einfacher und günstiger werden. Die Linke streitet für einen fahrscheinlosen öffentlichen Nahverkehr. Die Politik muss außerdem den Druck auf die Autohersteller erhöhen, den Ausstoß von Schadstoffen bei Neuwagen zu reduzieren. Darüber hinaus braucht es Maßnahmen gegen Feinstaub durch Ammoniak aus der Landwirtschaft und durch Schiffsabgase.
Antwort 3: Die Linke steht für eine aktive Verbraucherpolitik. Es ist unerlässlich, Verbraucherinnen und Verbraucher auch schon im Verdachtsfall der Gesundheitsgefährdung oder des Betrugs unverzüglich zu informieren. Amtliche Ergebnisse der Hygienekontrollen in Betrieben dürfen kein Geheimnis sein. Die Hygiene-Ampel ist eine Möglichkeit, über den Hygienestandard zu informieren, damit Verbraucher eine informierte Entscheidung treffen können.
Antwort 1: Wir unterstützen die freiwillige Kooperation zwischen Wasserversorgern und Landwirten, die bereits zu messbaren Verbesserungen der Grundwasserqualität und einem Umdenken der Landwirte geführt hat. Die Gründe der hohen Nitratbelastung sind zu analysieren und unter Einbindung aller Akteure ist nach allgemeinverträglichen und nachhaltigen Lösungen zu suchen. Wir fordern eine Länderöffnungsklausel und eine Beendigung des Gülle-Tourismus. Einseitige Einschränkungen, unnötige Bürokratie und EU-Reglementierungen, die eine effektive Bewirtschaftung der Felder erschweren, lehnen wir ab.
Antwort 2: Nein, im Gegenteil. Das ist grüner Öko-Populismus auf der einen und lobbygesteuerte Klientelpolitik auf der anderen Seite. Wer das ernsthaft erwägt, müsste konsequenterweise auch Ölheizungen verbieten und in den Lkw, der den Bio-Supermarkt beliefert, einen Benzinmotor einbauen. Abgesehen davon, dass der Schifffahrtsbetrieb auf dem Rhein mit Motorschiffen betrieben wird, die Schweröl verbrennen und damit Schadstoffe in katastrophalem Ausmaß erzeugen (was ein wesentlich effektiveres Feld für aktiven Umweltschutz darstellen würde), wäre ein Dieselverbot wieder einmal ein Angriff auf die Lebensqualität der weniger betuchten Bürger.
Antwort 3: Vehikel wie die Hygiene-Ampel suggerieren nur eine oft trügerische Sicherheit. Effektiver sind regelmäßige und sorgfältige Kontrollen mit strenger Ahndung von Verstößen. Wie in vielen anderen Fällen auch, reicht die konsequente Anwendung bestehender Gesetze völlig aus, um entstandene Missstände zu beseitigen.
Antwort 1: Die Einbringung durch die Landwirtschaft (Kunstdünger, Gülle) sind zu verringern. Umgebrochenes Grünland muss wiederhergestellt werden. Stickoxidbelastungen entstehen auch durch Verbrennung auf hohem Energieniveau in Verkehr und Industrie, diese Stickoxide werden von Lebewesen aufgenommen und schaffen eine zusätzliche Düngung. Auch da muss eingegriffen werden.
Antwort 2: Was Stickoxidbelastungen angeht, gibt es Katalysatoren. Was Feinstäube angeht, sind die Ursachen zu vielfältig, als dass Dieselverbote alleine Abhilfe schaffen könnten. Nein, Fahrverbote für Dieselfahrzeuge alleine sind ähnlich wie die Umweltzonen nur populistischer Aktivismus für die Tribüne, die keinen wirklichen Nutzen bringen. Es braucht ganzheitliche Ansätze, um dieses tatsächlich drängende Problem anzugehen.
Antwort 3: Die Hygiene-Ampel ist ein in mehreren Staaten erfolgreich erprobtes Modell, um zum einen für eine bessere Transparenz in Gastronomie und Einzelhandel zu sorgen und zum anderen die Aufmerksamkeit der Unternehmen in Hygienefragen zu verbessern. Hierbei geht es nicht darum, die Unternehmen zu gängeln, sondern dem Verbraucher die notwendigen Informationen an die Hand zu geben, um die für ihn richtigen Entscheidungen zu treffen. Die Hygieneampel bedeutet für die Unternehmen auch keinen überbordenden Bürokratismus. Es werden lediglich die Ergebnisse der auch heute schon verpflichtenden Hygieneuntersuchungen in einer einfachen und verständlichen Art dem Verbraucher zugänglich gemacht. Dementsprechend halten wir Piraten die Hygieneampel für ein notwendiges Instrument.