Landtagswahl NRW So wollen NRWs Politiker den Verkehr in Schwung bringen (mit Video)

Für unsere Wahlprüfsteine haben wir jeweils drei Fragen an die Parteien geschickt, für deren Beantwortung sie eine feste Textlänge zur Verfügung haben. Die Antworten enthalten allein die Positionen der Parteien und bilden nicht die Meinung der Redaktion ab.

Symbolbild.

Foto: dpa

Frage 1: Wie wollen Sie das Problem des täglichen Verkehrsstaus auf den NRW-Autobahnen angehen?
Frage 2: Sind Sie für eine Kapazitätserweiterung des Düsseldorfer Flughafens?
Frage 3: Was plant Ihre Partei zur Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs in Nordrhein-Westfalen?

SPD:

ANTWORT 1: NRW ist das Bundesland mit den meisten Einwohnern, den meisten Pendlern und den meisten Großstädten in Deutschland. Vier der sechs Städte mit den höchsten Pendlerquoten Deutschlands kommen aus NRW. Gleichzeitig liegen sechs der sieben staureichsten Städte Deutschlands nicht in NRW. Dennoch ist klar: Jeder Stau ist ärgerlich. Gegen Stau hilft Bau. Wir werden deshalb in den kommenden Jahren mit einem Volumen von 14 Milliarden Euro viele Staustellen auf unseren Autobahnen beseitigen. Diese Rekordsumme haben wir aus NRW heraus in den neuen Bundesverkehrswegeplan hineinverhandelt. Nun werden die Maßnahmen umgesetzt. Daneben investieren wir etwa acht Milliarden Euro in den Erhalt und Ausbau der Schieneninfrastruktur und die Modernisierung der Bahnhöfe. Und auch überregionale Radschnellwege sind eine wichtige Investition in die Mobilität von morgen. Sieben Stück befinden sich deshalb schon heute in NRW in der Planung oder Umsetzung.

ANTWORT 2: Hierzu läuft ein Planfeststellungsverfahren. Im Rahmen dessen wird nach geltendem Recht entschieden und nicht nach politischen Gemütslagen.

ANTWORT 3: Ein attraktiver Bus- und Bahnverkehr hängt wesentlich von einer klaren und preiswerten Tarifstruktur ab. Wir sorgen dafür, dass der Tarifwirrwarr der Verkehrsverbünde beendet wird. Wir wollen, dass Azubis nicht schlechter gestellt werden als Studenten, und drängen analog zum Semester-Ticket auf ein Azubi-Ticket. Eine „App der Mobilität“ für NRW soll künftig Informieren, Buchen und Bezahlen aus einer Hand ermöglichen sowie alle öffentlichen und privaten Verkehrsträger und Mobilitätsangebote digital vernetzen. Das Internet der Mobilität erfasst in Echtzeit die Auslastung von Autobahnen, Straßen oder Bahnen. In Gemeinden des ländlichen Raumes ohne verlässlichen ÖPNV wollen wir schon jetzt modellhaft die Vernetzung des Alternativangebots aus Anruf-Sammel-Taxis, Taxibussen, gemeinnützigen Bürgerbussen oder Carsharing-Angeboten über das Internet fördern.

CDU:

ANTWORT 1: NRW ist Stauland Nummer 1 und das Problem ist hausgemacht. Die rot-grüne Landesregierung hat den Planungsstand, den die Rüttgers-Regierung erreicht hatte, abgewürgt, weil man nicht auf Vorrat planen wollte. Die Folge: Bundesmittel im zweistelligen Millionenbereich wurden nicht abgerufen.
Um das Stauchaos zu bekämpfen, werden wir den Bau von Straßen und Brücken voranbringen, indem wir Planungen vorantreiben, um alle Gelder, die vom Bund kommen, auch nutzen zu können. Unser Ziel ist ein Vorrat von baureifen Verkehrsprojekten im Umfang von einer Milliarde Euro. Beim Baustellenmanagement werden wir die Priorität auf Stauvermeidung legen.

ANTWORT 2: Zurzeit läuft das Planfeststellungsverfahren, dessen Ende wir zunächst abwarten müssen. Momentan gilt die bisherige Betriebsgenehmigung. Ihre Grenzen — gerade beim Nachtflug — müssen vollumfänglich eingehalten werden.

ANTWORT 3: Ein starker und zukunftsfähiger ÖPNV ist ein zentrales Instrument um die Mobilität der Menschen in NRW zu gewährleisten. Dabei müssen sowohl der urbane Raum als auch ländliche Regionen und städtische Randlagen zeitgemäß durch Bus und Bahn erschlossen werden. Leider ist Nordrhein-Westfalen davon noch ein ganzes Stück entfernt. Wir wollen je nach Bedarf die Sanierung und den Ausbau von Straßen-, S- und U-Bahnen ermöglichen.
Wir wollen den ÖPNV attraktiver machen. Dazu werden wir die Barrierefreiheit erhöhen und den Anteil von Elektrobussen deutlich erhöhen. Um den Wohnungsmarkt in den Innenstädten zu entlasten und die Situation auf den ländlichen wie städtischen Arbeitsmärkten zu verbessern werden wir mittelfristig bereits bestehende ÖPNV-Netze in städtischen Randlagen stärken.
Außerdem wollen wir Auszubildende entlasten. Wir setzen uns in Abstimmung mit den Nahverkehrsverbünden und den Arbeitgebern für die Einführung eines mit den Semestertickets der Studierenden vergleichbaren „Azubi-Tickets“ ein.

Die Grünen:

ANTWORT 1: Viele Menschen in NRW sind bereits vernetzt unterwegs und kombinieren verschiedene Verkehrsmittel, häufig mithilfe des Smartphones. Das Auto ist dabei nur eine Option. Das ist genau die Mobilität, die wir Grüne unterstützen und erleichtern wollen. Denn sie ist nicht nur schnell, sondern auch leise und umweltfreundlich. Dafür wollen wir den ÖPNV verbessern, mit verständlichen Tarifen und einem besseren Angebot. Wir bauen Radwege und schaffen ein Radschnellwegnetz für NRW. Der Verbrennungsmotor ist ein Auslaufmodell, wir fördern stattdessen moderne, emissionsfreie Fahrzeuge, Batterien und Ladestationen. Und statt immer neue Straßen zu bauen, setzen wir auf den Erhalt bestehender Straßen, Tunnel und Brücken.

ANTWORT 2: Wir wollen nicht, dass die Menschen in Flughafennähe noch mehr Lärm ertragen müssen. Der Flughafen nutzt seine bisherigen Kapazitäten bis heute nicht aus. Es gibt objektiv keinen Bedarf für eine Kapazitätsausweitung. Sie würde zu einer weiteren Kannibalisierung unter den Flughäfen und zum Aus für viele Regionalflughäfen führen. Aus unserer Sicht wäre es am besten, wenn der Flughafen seinen Antrag zurückzieht und stattdessen mit diesen kooperiert.

ANTWORT 3: Wir führen einen verständlichen NRW-Tarif für Bus und Bahn ein und sorgen dafür, dass Mobilität für alle bezahlbar ist. Wir fordern ein Ticket, mit dem man für zwei Euro am Tag in ganz NRW Bus und Bahn fahren kann. Wir wollen moderne barrierefreie Regionalzüge, in denen WLan eine Selbstverständlichkeit ist. Wir sorgen dafür, dass auch kleine Orte im ländlichen Raum besser angebunden sind. Den Zusammenschluss einzelner kommunaler Verkehrsunternehmen wollen wir unterstützen. Den schienengebundenen öffentlichen Personennahverkehr wollen wir schneller barrierefrei und umweltfreundlicher machen. In Zukunft werden fahrerlose Autos eine große Rolle spielen. Wenn die Verkehrssicherheit und das schadstofffreie Fahren gewährleistet sind, bieten sie große Chancen. Wir werden uns daher intensiv mit der Frage befassen, ob und inwieweit fahrerlose Autos für alle öffentlich verfügbar gemacht werden können.

FDP:

ANTWORT 1: NRW ist das Stau-Land Nr. 1 in Deutschland. In den vergangenen fünf Jahren haben sich die Staus in NRW auf eine Länge von 388 000 Kilometer im Jahr mehr als verdoppelt. Wir brauchen daher dringend eine Offensive gegen den Verkehrsstau. Die zahllosen Engpässe und Störstellen im Fernstraßennetz wollen wir zielstrebig beseitigen. Dafür wollen wir einen Vorrat an baureifen Planungen schaffen, damit die zur Verfügung stehenden Bundesmittel in größtmöglichem Umfang nach Nordrhein-Westfalen fließen und nicht in anderen Bundesländern verbaut werden. Zudem wollen wir die Bauzeiten auf den NRW-Autobahnen spürbar reduzieren. Dazu muss das Baustellenmanagement umfassend optimiert werden. Schließlich wollen wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, um Planungs- und Genehmigungsverfahren für Straßenbauprojekte zu beschleunigen.

ANTWORT 2: Die FDP will den Luftverkehrsstandort Deutschland sichern und ausbauen und steht angesichts des internationalen Wettbewerbs Kapazitätserweiterungen grundsätzlich positiv gegenüber. Das gilt auch für den Düsseldorfer Flughafen. Es geht hier jedoch nicht um eine politische Entscheidung, die der Landtag zu treffen hätte. Der Flughafen hat einen Antrag auf Planfeststellung mit einer Änderung der Betriebsgenehmigung gestellt. Jetzt läuft das Planfeststellungsverfahren mit weitreichenden Beteiligungsmöglichkeiten von allen Betroffenen. Am Ende muss das NRW-Verkehrsministerium nach Recht und Gesetz entscheiden. Ein angemessener Schutz der Anwohner vor Lärm ist dabei eine Selbstverständlichkeit.

ANTWORT 3: Für die Millionen Menschen in NRW, die auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen sind, wollen wir ein leistungsfähiges und attraktives Angebot schaffen. Insbesondere für die vielen Berufspendlerinnen und -pendler müssen die Mobilitätsangebote nachhaltig verbessert werden. Dazu haben wir ein grundlegend neues Finanzierungssystem für den ÖPNV vorgelegt, das zu einer besseren Verwendung der Mittel führt, ohne dass die Ticketpreise teurer werden. Die Verkehrsunternehmen sollen stärker unternehmerisch handeln.

Die Linke:

ANTWORT 1: Die vielen Staus haben vielfältige Ursachen. Zum einen wurden beim Landesbetrieb Straßen.NRW Stellen abgebaut. Personalmangel und schlechte Koordination bedeuten Staus durch Baustellen. Entscheidend aber ist, dass zugleich der Verkehr auf den Straßen insgesamt zugenommen hat. Dagegen müssen wir den öffentlichen Nahverkehr so attraktiv machen, dass mehr Menschen das Auto freiwillig stehen lassen. Kostenlose P&R-Plätze an Knotenpunkten, Busbahnhöfen und Bahnhöfen zum Beispiel ermöglichen den einfachen Umstieg auf andere Verkehrsmittel. Wir brauchen dichtere Taktzeiten, bessere Qualität und Zuverlässigkeit und ein einfacheres und günstigeres Tarifsystem. Am besten fahrscheinfreien Nahverkehr. Zugleich wollen wir Anreize zum Beispiel für die Nutzung von Fahrgemeinschaften setzen und auch die Bedingungen für das Fahrradfahren verbessern.

ANTWORT 2: Nein. Mehr Kapazitäten für Flüge belasten Menschen und Umwelt in erheblichem Maße. Die Linke setzt sich für einen Fluglärmaktionsplan ein, durch den mehr Lärmschutz bei Starts und Landungen erreicht und an dessen Erarbeitung die Betroffenen beteiligt werden sollen. Nachtflüge lehnen wir ab, da sie für Anwohner in den Flugschneisen zu nicht hinnehmbaren Lärmbelastungen führen. Von Fluggesellschaften fordern wir realistischere Zeitpuffer bei Landungen, Starts und Umläufen, um die gesetzlich vorgeschriebenen Lande- und Startzeiten einzuhalten.

ANTWORT 3: Damit mehr Menschen den öffentlichen Nahverkehr nutzen, muss er attraktiver werden. Mit einem strategischen landesweiten Nahverkehrsausbauplan wollen wir die Grundlagen für zukunftsfähigen Nahverkehr schaffen. Vor allem in Flächenkreisen braucht es mehr Linien und kürzere Taktzeiten. Die zweite große Baustelle ist der Fahrpreis. Perspektivisch wollen wir den fahrscheinlosen ÖPNV. Dazu gibt es verschiedene Finanzierungsmodelle, die gerechter und volkswirtschaftlich sinnvoller sind als der Verkauf von Einzeltickets. Bis dahin wollen wir die Nutzung von Bus und Bahn einfacher und billiger machen, komplizierte Tarifsysteme sollen transparenter werden.

AfD:

ANTWORT 1: Das Stau-Chaos in NRW ist logische Folge fehlender Attraktivität des ÖPNV auf der einen und einer konsequenten Vernachlässigung von Pflege und Ausbau des Straßennetzes auf der anderen Seite. Hier müssen in erheblichem Maße Gelder in die Hand genommen und die über Jahre ausgesetzten Investitionen endlich getätigt werden. Die AfD möchte zudem eine deutlich schnellere Abarbeitung von Autobahn-Baustellen erreichen und eine Modernisierung von Ampel-Schaltungen. Der allgemeine Straßenzustand in NRW ist schlechterdings ein Skandal!

ANTWORT 2: Zu dieser komplexen Problematik mit wenigen Sätzen Stellung nehmen zu wollen, hält die AfD für fahrlässig. Den vielen gleichermaßen berechtigten, aber konträren Interessen gerecht zu werden, bedarf sorgfältigster Abwägung.

ANTWORT 3: Die AfD sieht die strukturelle Benachteiligung von Geringverdienern und auch Pendlern mit großer Sorge und spricht sich daher dafür aus, diesen Bürgern ebenso freie Fahrt im ÖPNV zu ermöglichen wie selbstverständlich auch den Schülern. Die Kapazitäten müssen ausgebaut und die Attraktivität durch bedarfsgerechte Ausstattung und Fahrpläne gesteigert werden. Die Finanzierung ergibt sich aus Umschichtungen und Einsparungen bei aus unserer Sicht eher überflüssigen Projekten.

Die Piraten:

ANTWORT 1: Die NRW-Autobahnen sind vor allem im Berufsverkehr überlastet. Es wird für alle günstiger, wenn Pendlerinnen und Pendler auf Fahrrad, Bus und Bahn umsteigen. Dafür müssen Radwege geschaffen und der öffentliche Nahverkehr viel schneller, attraktiver und bequemer gemacht werden. Breitere Autobahnen würden dem Stau nur mehr Platz einräumen und sind insgesamt viel teurer. Stau und Sanierungsstau wurden von einer jahrzehntelang falschen Verkehrspolitik erschaffen und lassen sich mit „weiter so“ nicht lösen. Wir brauchen eine Verkehrswende, die auch neue Technologien nutzt.

ANTWORT 2: Eine kommerziell lohnenswertere Aufteilung der Slots am Flughafen ist ein Luxusproblem im Gegensatz zur Luft- und Lärmbelastung für die Anwohnenden, die wirklich darunter leiden. Wir können uns die Erweiterungskosten sparen. Das ist auch wirtschaftlich vernünftig.

ANTWORT 3: Wir wollen die Wahlfreiheit der Verkehrsmittel. Dazu müssen Busse und Bahnen massiv ausgebaut werden. Mit der fahrscheinfreien Nutzung von Bus und Bahn möchten wir alle Hürden abbauen, den Tarifdschungel roden und mehr Fahrgäste gewinnen. Mehr Fahrgäste bedeuten: ein deutlich besseres und günstigeres Nahverkehrs-Angebot für alle. Wir haben 2014 im Landtag eine Enquetekommission zu Finanzierung, Innovation und Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs initiiert und die Erkenntnisse mit eigenen Studien und Konzepten ergänzt. In den nächsten Jahren wollen wir die nun vorliegenden Handlungsempfehlungen mit hoher Priorität umsetzen: von den Regio-Buslinien für den ländlichen Raum bis zur Nutzung neuer Technologien wie des autonomen Fahrens für den öffentlichen Nahverkehr. Wir werden die gesetzlichen Möglichkeiten für kommunale Finanzierungsinstrumente schaffen und die Nutzung von Bus und Bahn radikal vereinfachen: ohne Tarifwirrwarr, mit intelligenten Fahrplänen. Sehr schnell werden wir dafür Bus und Bahn fahrscheinfrei in langfristigen Modellprojekten erproben.