NRW Ohne Currywurst und Bier - AfD startet NRW-Wahlkampf im Ruhrgebiet
Ein paar hundert AfD-Fans kommen am Samstag nach Essen, um den Start in die heiße Wahlkampfphase in Nordrhein-Westfalen mitzuerleben. Auch die Bundesvorsitzenden Petry und Meuthen sind dabei. Werden sie ihren Streit auf offener Bühne austragen?
Essen. Als die AfD-Vorsitzende Frauke Petry am Samstag auf dem Altenessener Markt ankommt, geht sie wortlos an ihrem Co-Vorsitzenden Jörg Meuthen vorbei. Später reden die beiden Kontrahenten dann doch noch kurz miteinander. Am Ende dieses Wahlkampfauftakts der nordrhein-westfälischen AfD kommen die Hauptredner noch mal auf die Bühne - ohne Meuthen, der ist da schon weg. „Dringende Anschlusstermine“, sagt Essens AfD-Vorsitzender Stefan Keuter.
Der Streit zwischen Petry und Meuthen über die künftige Strategie war am Vortag eskaliert. Petry hatte angekündigt, dazu beim Bundesparteitag in Köln einen Antrag stellen zu wollen. Darin will sie eine Entscheidung über den künftigen Kurs der Partei erzwingen. Meuthen zweifelte daraufhin in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Samstag) die Führungsqualitäten Petrys an: „Diese Initiative geht so gar nicht. Wir müssen die Reihen schließen, nicht spalten. Wer das nicht versteht und akzeptiert, kann weder die Partei noch den Wahlkampf anführen.“ Wie können die beiden einen Tag später gemeinsam Wahlkampf machen? „Das gehört dazu, dass wir zusammenarbeiten“, sagt Meuthen am Rande der Veranstaltung. „Das eine schließt das andere nicht aus.“ Noch weniger will Petry dazu sagen: Das sei ganz normal. „Er ist mein Co-Vorsitzender.“ NRW-Spitzenkandidat Marcus Pretzell, der Ehemann Petrys, schweigt zu der Frage.
Der Wahlkampfauftakt gerät insgesamt recht freudlos. Eine Band, deren Name nicht bekannt wurde, macht am Abend vorher einen Rückzieher. Die vorgesehenen Cheerleader hätten Angst vor Ausschreitungen gehabt, sagt Essens AfD-Chef Keuter. Zwei Schlagersänger springen ein und bemühen sich, für Stimmung zu sorgen. Guido Reil, AfD-Direktkandidat im Essener Norden, hätte gern ein kleines Volksfest gehabt, so wie er es früher bei seiner SPD gern hatte, der er 25 Jahre angehörte: Hüpfburg, Wurststand, Bierwagen. Doch die Polizei habe das abgelehnt, sagt er. Wegen angemeldeter Gegendemonstrationen geht sie auf Nummer sicher und ist mit Kräften aus Bielefeld, Wuppertal, Essen und Dortmund vor Ort. Mehrere Dutzend Fahrzeuge stehen rings um den Versammlungsplatz und in den Seitenstraßen. Beamte kontrollieren an Absperrgittern die Taschen.
Einige der insgesamt rund 200 Gegendemonstranten schaffen es unter die Zuhörer. Einer hält ein „No AfD“-Plakat in die Höhe - bis ein erzürnter Parteianhänger es ihm aus der Hand reißt. Ein anderer wirft eine eingeschaltete Minisirene in einen Kanalschacht und läuft weg. Ordner führen eine schimpfende Frau vom Bühnenrand weg. „Psychiatrie“, ruft ihr einer hinterher.
In den Wahlkampfreden geht es vor allem darum, wogegen und gegen wen die AfD ist. „Die Erfolgsbilanz von Rot-Grün ist eine einzige Katastrophe“, sagt Meuthen. Heftig kritisiert er Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Merkel steht für alles, aber nicht für deutsche Interessen.“ Wenig später skandieren viele der mehreren hundert Zuhörer „Merkel muss weg. Merkel muss weg.“ SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz? Ein „EU-Apparatschik“. NRW-CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet? „Ein Naivling.“ Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt? „Noch so eine Deutschland-Abschafferin.“
Als Pretzell spricht, wird es hinten richtig laut: „Haut ab“ ist zu hören. Trillerpfeifen ertönen schrill. „Wenn politisch gewollt, könnte man auch das auflösen“, sagt Pretzell wohl in Richtung Polizei. Eine Zuhörerin sagt zu einer anderen: „Ich habe noch eine Dose Katzenfutter in meiner Tasche. Das gibt schöne Beulen.“