#cdulpt17 CDU-Parteitag: Mit Angela Merkel Laternen zerschlagen

Wie die CDU sich auf ihrem Landesparteitag in Münster in Wahlkampfstimmung redet.

NRW-Landesvorsitzenden der CDU Armin Laschet und Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Foto: Oliver Berg

Münster. Fast niemand bemerkt Angela Merkel, nur die Nachwuchskräfte der Jungen Union fuchteln leicht aufgeregt mit ihren Schildern, auf denen wahlweise „NRW geht vor" oder „Laschet“ gedruckt ist. Merkel schleicht sich fast unbemerkt heran, plötzlich steht sie auf der Bühne, die Musik startet schnell, Armin Laschet eilt noch schneller nach vorne Ans Mikrofon.

Die Delegierten auf dem Landesparteitag der NRW-CDU klatschen sechs Wochen vor der Landtagswahl in NRW rhythmisch, niemand ruft „Angela" oder „Merkel“, euphorisch ist dieser Tage eher SPD denn CDU. Und Laschet bedankt sich grinsend für die „typisch westfälische“ Begrüßung. Willkommen in Münster. Dass es nicht so kühl bleibt im Inneren der Messe-Halle vor 670 Delegierten, während draußen die Sonne strahlt, verdankt der Parteitag: Merkel und Laschet.

Viel mehr als die Wahlkampfreden von Kanzlerin und ihrem vielleicht treuesten Anhänger passiert hier nämlich nicht. Anträge für eine Programmdiskussion gibt es nicht, das über Monate Ausgearbeitete wird verabschiedet wie niedergeschrieben. „Wir sind ja kein Debattierclub“, sagt einer in den Reihen der Delegierten. Dass Landesgeneralsekretär Bodo Löttgen unlängst die SPD für so wenig Diskussionskultur gescholten hatte und die CDU deshalb via Twitter als Mitmach-Partei empfahl - geschenkt.

Es ist Wahlkampf, jetzt werden keine neuen Inhalte mehr geschaffen, jetzt wird verkauft. Rund um die Uhr. Draußen hat Laschets Bus geparkt, mit dem er durch das Land reisen wird. Immer im Angriffmodus, den er lange üben musste, weil es nicht seine Natur ist. Immer weiter.

Ein Angriffsmodus, in den auch die Kanzlerin während ihrer Rede erst über die Streck für den Aachener schalten muss, weil Merkel nach Jahren der längst zu Haltung gewordenen Sachpolitik aus jeder Ecke zu hören bekommt, die CDU müsse jetzt mal Gas geben, solle ihr der Schulzzug nicht unerreichbar einteilen. In NRW mit der Zugführerin Kraft. Und im Bund mit Schulz im Führerhaus gleich selbst. Kraft gegen Laschet ist auch Schulz gegen Merkel. Fast bei 40 Prozent liegt die SPD in Umfragen in NRW, die CDU zwischen 27 und 30.

Deshalb muss es schnell und markant gehen: Um 10 Uhr morgens eine Ökumenische Morgenandacht, um 14.25 Uhr singen sie in Münster schon die Nationalhymne. Ende. Aufbruch? Merkel ist in diesen Momenten längst wieder weg, aber sie hat Laschet dann doch noch geholfen, so etwas wie Aufbruchstimmung für die CDU zu erzeugen.

Indem sie bilanziert, NRW werde deutlich unter Wert regiert, die Landesregierung werfe den Bürgern ständig Knüppel zwischen die Beine, statt sie zu fördern. Krafts Lieblingsprojekt „Kein Kind zurücklassen", das Laschet angesichts des frischen Diskurses über sein angeblich von Gerhard Schröder geklautes Wahlkampfmotto als George-Bush-Kopie kennzeichnet (wegen dessen Initiative „No Child Left Behind“), hebt Merkel aus den Angeln: „Wer dauernd neue Schulden macht, versündigt sich an denen, die er nicht zurücklassen wil.l

Die Kanzlerin schildert ein Bundesland, in dem man eigentlich nicht leben will: Mit 388000 Kilometer Stau in 2016 und Baustellen en masse, hoher Arbeitslosigkeit und einer Bilanz von 38 Prozent aller Wohnungseinbrüche in Deutschland. Sie stürzt sich auf Innenminister Jäger und dessen Versagen in der Kölner Silvesternacht, die ihre Flüchtlingspolitik arg in Bedrängnis gebracht habe. Und auf den Fall Amri. Überhaupt: In Sachen Innerer Sicherheit „machen es zig Länder besser als NRW“, sagt Merkel.

Laschet hingegen, der in sechs Wochen nicht nur Prozente, sondern auch an Beliebt- und Bekanntheit aufholen muss, startet mit einem Film, in dem nach und nach rote Laternen zerschlagen werden, die NRWs vermeintlich Abgeschlagenheit im Ländervergleich symbolisieren sollen. „Mir reicht's“ ruft Laschet und zeichnet ein Bild einer Landesregierung, die die „Arroganz der Macht“ befallen habe, die aus dem „Glaspalast“ heraus regiere und nicht mehr bei den Menschen sei. Konkret wird es, als es um Bürokratieabbau und schnellere Genehmigungsverfahren geht:

NRW werde so schnell, wie das bislang schnellste Bundesland die Dinge angehe. Es werde, verspricht Laschet, im Inklusionsbereich erst einmal keine einzige Förderschule mehr abgeschafft. Und den Unterrichtsausfall will er vom ersten Tag an mit einer neuen Software ermitteln lassen. Den Plan der SPD, Kitas für 30 Stunden die Woche gebührenfrei zu machen, hält der CDU-Spitzenkandidat für unbezahlbar. Wirtschaftspolitik?

Er halte er es für „nicht realistisch, den Braunkohle-Ausstieg immer wieder zu beschleunigen". Und ein Stahlwerk in Duisburg sei ein Beitrag für das Weltklima, „weil wir hier die besten Bedingungen haben“. Ein letztes Versprechen: Er werde dafür sorgen, dass Ministerpräsidentin Hannelore Kraft vor dem Untersuchungsausschuss Amri aussagen müsse. „Notfalls gerichtlich.“

„Wir werden bis zum letzten Tag kämpfen, und dann werden wir diese Landtagswahl gewinnen“, ruft Laschet, und als einige „Armin, Armin“ rufen, sagt Laschet: „Sie rufen Armin, dabei habe ich Ihnen das nicht gesagt.“ Karl Josef Laumann, als ehemaliger Fraktionschef einst Konkurrent von Laschet und inzwischen von diesem machttaktisch geschickt ganz vorn eingebunden, hat schon vorher in Richtung Landesregierung zusammengefasst, was hier Einklang ist: „Sie haben ihre Chance gehabt, sie haben sie vertan. Sie müssen weg.“



Unter seinem Account @coopero75 twitterte WZ-Redakteur Olaf Kupfer mit dem Hashtag #cdulpt17. Hier die Tweets in chronologischer Reihenfolge: