Wuppertal So bewältigt Wuppertal die Herausforderung durch Flüchtlinge
Wuppertal hat die Unterbringung der aktuell rund 9650 Flüchtlinge im Stadtgebiet im Griff - doch die Mammutaufgabe Integration steht noch bevor.
Wuppertal. Bei der Flüchtlingsunterbringung ist Wuppertal vielen anderen Kommunen eine Nasenlänge voraus. 95 Prozent der aktuell 9650 Flüchtlinge im Stadtgebiet leben nicht in Sammelunterkünften, sondern in Wohnungen. „Wir wollten eine dezentrale Unterbringung, weil es die beste Voraussetzung für die Integration ist“, sagt Hans-Jürgen Lemmer, Leiter des Ressorts für Zuwanderung und Integration. Dieses System habe deutliche Vorteile in der Wirkung, den die Neubürger auf ihre Nachbarn haben. „Zwei neue Familien machen neugierig — 200 machen Angst“, sagt Lemmer.
Die Aufgabenstellung hat sich nach den starken Flüchtlingsschüben 2015 und 2016 für die Kommunen verschoben. Die Frage nach der blanken Unterbringung weicht der komplexeren Herausforderung der Integration. Inzwischen sind nur noch rund 3000 Migranten Asylsuchende, während doppelt so viele geflüchtete Menschen vom Jobcenter versorgt werden.
In vielen Kommunen sitzen die Neubürger noch immer in städtischen Unterkünften, weil sie keine bezahlbare Wohnung finden — in Wuppertal gibt es dieses Phänomen in dieser Form laut Lemmer nicht: „Wir arbeiten sehr gut mit der Wohnungswirtschaft zusammen.“ Das beweist die hohe Unterbringungsquote in angemieteten Immobilien. Lemmer weiß jedoch auch: „Es wird schon schwieriger.“
Land zahlt Flüchtlingspauschale nur für Asylsuchende
Die Frage der Finanzierung beschäftigt auch Wuppertal. Die Flüchtlingspauschale — 10 000 Euro pro Flüchtling und Jahr — zahlt das Land nur für die Asylsuchenden, nicht für die Anerkannten. Johannes Slawig ist nicht der einzige Kämmerer, der öffentlich geäußert hat, dass bei den Kommunen mit dieser Summe keine Kostendeckung erzeugt wird. Und dabei sind noch gar nicht die Folgekosten berücksichtigt.
„Was bei der Stadt bleibt, sind die Aufgaben der Integration“, sagt Lemmer. Er nennt beispielsweise die Investitionskosten für neue Kindergärten und Schulen und den „Rattenschwanz“ der Personal- und Betriebskosten. „Wenn man nicht an Pauschalen ersticken will, bräuchten die Städte einen höheren Steueranteil“, sagt der Ressortleiter.
Das System war zeitweise überfordert
Wuppertal hat, wie Lemmer es beschreibt, eine „Überforderung des Systems“ hinter sich, nachdem es in Deutschland zu einer Binnenbewegung der Flüchtlinge kam. Viele Migranten aus dem Osten zogen in Großstädte im Westen, auch nach Wuppertal. Dort haben nun fast 6000 Syrer zueinander gefunden. Inzwischen unterbindet die Wohnsitzauflage diesen Trend. Flüchtlinge müssen drei Jahre an ihrem zugewiesenen Wohnort bleiben.
Trotzdem: Wuppertal hat den Effekt der vielen Zuzüge bereits zu spüren bekommen. „Es dauerte zwischenzeitlich bis zu sechs Monate, bis anerkannte Flüchtlinge einen Deutschkurs starten konnten. Es gab einfach zu wenig Personal“, blickt Lemmer zurück. Inzwischen nehmen mehr als 3000 Menschen an professionellen Deutschkursen teil, hinzu kommen ehrenamtliche Angebote. 2400 Kinder besuchen 126 sogenannte Seiteneinsteiger-Klassen für Neuankömmlinge mit keinen oder sehr geringen Deutschkenntnissen.
Erstregistrierung zu zwei Dritteln ausgelastet
Zurzeit gibt es nur noch eine Landeseinrichtung zur Erstregistrierung auf Wuppertaler Stadtgebiet. Im Art-Hotel können bis zu 600 Menschen schlafen, die Einrichtung ist stets maximal zu zwei Drittel ausgelastet. Mit einem leerstehenden Gebäude Im Saalscheid in Ronsdorf hat das Land noch eine stille Reserve. Auf den Plan B — die Belegung von Turnhallen — möchte keiner mehr zurückgreifen müssen.