Landtagswahl NRW Mit dem Wahl-O-Mat jetzt die richtige Partei finden

Stefan Marschall, Politologe aus Düsseldorf, ist der Kopf hinter dem Wahl-O-Mat. Mit dem Tool können Sie herausfinden, welcher Partei sie am nächsten stehen.

Ab dem 24. April ist der Wahl-O-Mat für NRW erreichbar.

Foto: Peter Kneffel

Düsseldorf. Seit 15 Jahren gibt der Wahl-O-Mat Menschen in Deutschland vor Wahlen die Möglichkeit zu prüfen, welcher Partei Sie am nächsten stehen. Anhand von stets 38 Thesen, denen sie zustimmen, die Sie ablehnen oder zu denen Sie sich neutral verhalten können.

Foto: Sergej Lepke

Der wissenschaftliche Kopf hinter dem Instrument der Bundeszentrale für politische Bildung ist der Düsseldorfer Politikwissenschaftler Stefan Marschall.

Herr Professor Marschall, seit 15 Jahren gibt es den Wahl-O-Mat jetzt. Ist es schwieriger geworden, Unterschiede zwischen den Parteien zu finden?

Stefan Marschall: Bei bestimmten Themen gibt es in der Tat kaum noch Unterschiede — ein Klassiker war immer der Atomausstieg, da haben sich die Positionen mittlerweile angeglichen. Dafür tauchen aber neue kontroverse Themen auf, die man früher nicht auf dem Schirm hatte — Netzpolitik etwa oder Flüchtlinge.

Was hat sich sonst verändert?

Marschall: Die Bekanntheit und Popularität des Wahl-O-Mat als Tool. Er ist inzwischen zum Standard geworden und wurde bislang schon 48 Millionen Mal genutzt.

Wie wählt man aus, welche Themen entscheidend sind und im Wahl-O-Mat nicht fehlen dürfen?

Marschall: Wichtig ist, dass junge Menschen beteiligt sind. Deshalb haben wir immer eine Redaktion aus rund 20 Erst- und Zweitwählern aus dem jeweiligen Bundesland. Sie bringen einen unverstellten Blick auf die Politik mit. Dann ziehen wir das Wahlprogramm zurate und fragen auch die Parteien, welche Themen sie besonders wichtig finden. Wir haben zudem Landesexperten, die uns beraten, oftmals Journalisten.

38 Thesen und dann weiß man, was man wählen soll — ist es das?

Marschall: Überhaupt nicht. Es wird von der Bundeszentrale immer betont, dass der Wahl-o-Mat keine Empfehlung für die Wahl bietet. Wir wissen auch durch Befragungen, dass den Menschen das durchaus bewusst ist. Es gibt zum Beispiel einen immer stärkeren Trend zur Personalisierung — das kann der Wahl-O-Mat ja gar nicht leisten. Er ist ein reines Sachfragen-Tool.

Bekommen Sie denn wirklich von allen Parteien auch deren Positionen zu Ihren Thesen?

Marschall: Es läuft vergleichsweise problemlos. Die Landeszentralen für politische Bildung organisieren das. Was es für die Parteien interessant macht, ist, dass sie Begründungen zu ihren Positionen mitliefern können, um diese den Nutzern zu erklären. In NRW sind 29 von 31 zugelassenen Parteien dabei. Das ist eine Riesenanzahl.

Wie blicken Sie als Politikwissenschaftler denn auf die bevorstehende NRW-Wahl?

Marschall: Ich habe den Eindruck, dass Wahlen insgesamt spannender geworden sind. Es ist schwieriger geworden, Ergebnisse vorherzusagen. Selbst kurz vor der Wahl gibt es noch eine große Dynamik. Ein Großteil der Menschen entscheidet erst wenige Tage vorher, wie er wählt.

Welche Konstellationen halten Sie nach der Wahl für möglich — beziehungsweise unmöglich?

Marschall: Die Parteien sind generell offener und schließen im Vorfeld wenig aus. Die FDP hat allerdings schon klar gesagt, dass sie eine rot-grüne Regierung in NRW nicht unterstützen werden — und die Partei denkt schon stark in Richtung Bundestagswahl, sie wird diese Zusage daher nicht brechen. Eine große Koalition ist immer eine Option, zumal es bei CDU und SPD eine große Nähe gibt — was die beiden Parteien derzeit natürlich nicht so sagen. Und dann wäre da Rot-Rot-Grün — aber die Linke in NRW ist sehr speziell und tatsächlich sehr weit links, während die SPD eher konservativ ist. Will man diesen Graben überbrücken? Und würde der Wähler das goutieren? Insgesamt tut die SPD aber gut daran, mit ihrer Spitzenkandidatin zu punkten und nicht über mögliche Koalitionen Wahlkampf zu machen. Spitzenkandidaten ziehen, so lange es keine enorme Wechselstimmung gibt.

Wie aktuell kann der Wahl-O-Mat mit seinen Thesen eigentlich sein?

Marschall: Wir haben uns für NRW im Januar zum ersten Mal getroffen — da zeichneten sich aktuelle Themen wie innere Sicherheit schon ab. Redaktionsschluss ist, wenn die Thesen an die Parteien gehen. Das war Mitte Februar der Fall. Es wird ja aber nicht nur nach konkreten Sachverhalten gefragt, sondern eher nach Haltungen.

Erleben Sie als Forscher noch Überraschungen, wenn die Antworten der Parteien kommen?

Marschall: Man lernt die Parteien schon ein Stück weit neu kennen und sieht auch Unterschiede zwischen Länderparteien — die CDU im Saarland zum Beispiel ist ganz anders als die CDU in NRW, argumentiert anders. Viel macht es auch aus, ob eine Partei im jeweiligen Land gerade an der Regierung ist.

Werden die Wahl-O-Mat-Ergebnisse gesammelt — als kleines Trendbarometer?

Marschall: Nein, die Daten werden nicht gespeichert und sind für uns auch nicht zugänglich. Was vielleicht auch ganz gut ist, denn es ist völlig unklar, wie aussagekräftig sie sind und wie man sie interpretieren kann.