Rechtliche Absicherung Vorsorgevollmacht gilt auch für Bankgeschäfte: Interview mit Rechtsanwalt Lutz Arnold

Berlin · Banken haben eigene Vordrucke für Vollmachten. Doch dürfen sie nicht andere Vollmachten, insbesondere Vorsorgevollmachten zurückweisen.

 Banken fordern Bankvollmachten wie diese. Doch auch eine Vorsorgevollmacht berechtigt den Bevollmächtigten, betont Rechtsanwalt Lutz Arnold.

Banken fordern Bankvollmachten wie diese. Doch auch eine Vorsorgevollmacht berechtigt den Bevollmächtigten, betont Rechtsanwalt Lutz Arnold.

Foto: Sebastian Willnow/dpa-tmn/Sebastian Willnow

Vorsorgevollmachten sind ein Muss bei der rechtlichen Absicherung. Mit ihnen können Bevollmächtigte im Notfall auch die Finanzen und insbesondere das Bankkonto des Vollmachtgebers verwalten. Dennoch erkennen viele Kreditinstitute eine solche Vorsorgevollmacht nicht an. Dürfen Sie das? Was kann ein Bevollmächtigter tun? Wir sprachen darüber mit Lutz Arnold. Er ist Rechtsanwalt und Inhaber der Anwaltskanzlei Arnold in Berlin und Dresden und u.a. auf Vorsorgeverfügungen spezialisiert.

Herr Arnold, wie kommen die Banken dazu, eine Vorsorgevollmacht abzulehnen? Wenn aus dieser doch eindeutig hervorgeht, dass derjenige, der sie vorlegt, auch bevollmächtigt ist?

Lutz Arnold: Es gibt viele schlechte und auch unwirksame Vollmachten. Daher sorgen die Banken sich, in Haftung genommen zu werden. Insbesondere, wenn sie Geld aufgrund einer rechtlich fehlerhaften oder vielleicht gefälschten Vollmacht herausgeben. Daher ist es erst einmal verständlich, wenn sie hohe Hürden an Vollmachten stellen.

Aber wenn jemand eine vom Vollmachtgeber unterzeichnete Vorsorgevollmacht vorlegt, die gerade auch zur Erledigung finanzieller Angelegenheiten des Vollmachtgebers ermächtigen soll – kann da die Bank sagen: Das zählt für uns nicht. Wir akzeptieren nur hauseigene Vollmachten?

Arnold: Das Argument zieht nicht: Gemäß den Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sind Vollmachten sogar formlos gültig (§§ 164 ff., insbesondere § 167 Abs. 2 BGB). Das ist ein Bundesgesetz, das auch Banken nicht einfach durch eigene Regeln aushebeln dürfen. Dazu gibt es inzwischen auch zahlreiche Urteile, in denen Banken dazu verurteilt wurden, eine normale, nicht hauseigene, nicht anwaltliche oder nicht notarielle Vollmacht anzuerkennen.

Haben Sie dafür eine oder mehrere Aktenzeichen bzw. Fundstellen für diese Urteile, die die Kunden den Banken im Streitfall entgegenhalten können?

Arnold: Da die Streitwerte für eine „Vollmacht“ gering sind, haben hierzu meist Amts- oder Landgerichte entschieden, in Nordrhein-Westfalen zum Beipiel das Landgericht Detmold in einer Entscheidung vom 14.01.2015 (Az. 10 S 110/14). Und auch unsere Anwaltskanzlei hat schon Banken zum Einlenken gebracht, meistens sogar außergerichtlich, was für die Mandanten auch billiger und schneller ist.

Und wenn sich die Bank dennoch querstellt und einfach darauf verweist, dass ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eben nur hauseigene Dokumente vorsehen?

Arnold: Die meisten AGB der Banken sagen hierzu – entgegen den Angaben des Bankmitarbeiters – überhaupt nichts. Aber selbst wenn die AGB nur hauseigene Formulare vorsähen, würde eine solche Klausel einen Verbraucher unangemessen benachteiligen und wäre deswegen nach § 309 Nr. 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unwirksam.

Und wenn die Bank argumentiert: Wir wissen ja gar nicht, ob der Vollmachtgeber zum Zeitpunkt seiner Unterschrift geschäftsfähig war?

Arnold: Das ist aus zwei Gründen ein unsachliches Argument. Erstens überprüfen Banken bei Miet-, Darlehens- oder Arbeitsverträgen, die sie vom Kunden sehen wollen, ja auch nicht, ob die jeweilige Unterschrift des Kunden ärztlich bestätigt wurde. Solche Banken messen also mit zweierlei Maß, was in sich schon unlogisch ist. Zweitens muss im deutschen Recht derjenige, der etwas behauptet, das auch beweisen. Wenn eine Bank also „vermutet“, der Vollmachtgeber könnte bei Unterschrift geschäftsunfähig gewesen sein, dann müsste die Bank eine solche „Vermutung“ auch beweisen. Das kann sie aber nie. Damit darf eine Bank auch nicht mit solchen Scheinargumenten kommen. Damit könnte man ja immer und jede Unterschrift angreifen. Das ist klar rechtlich falsch.

Wenn sich die Bank aber hartnäckig weigert, die Vorsorgevollmacht anzuerkennen und insbesondere kein Geld auszahlen will. Was tun?

Arnold: Um Kreditinstitute zu einer Anerkennung einer nicht hauseigenen Vollmacht zu „motivieren“, reicht oft ein anwaltliches Schreiben oder die Ankündigung, die Bundesanstalt für Finanzaufsicht (BaFin) oder aber den Ombudsmann für Banken einzuschalten. Auch kann man ankündigen, die Bank haftbar zu machen, wenn sie die Vollmacht nicht anerkennt, denn sie kann sich tatsächlich durch so ein Verweigerungsverhalten schadenersatzpflichtig machen, wenn z.B. ein Schaden etwa dadurch entsteht, dass der Bevollmächtige Rechnungen nicht rechtzeitig bezahlen kann und ihm dann Folgekosten entstehen.

Nun könnte es ja wirklich sein, dass die Vorsorgevollmacht nicht wirksam ist, weil bestimmte rechtliche Erfordernisse nicht beachtet wurden. Haben Sie da einen Rat?

Arnold: Um sicherzugehen, dass man eine wirklich rechtssichere Vollmacht hat, die auch von Banken anerkannt wird, sollte man seine Vollmacht vorab prüfen lassen oder sie gleich von rechtlichen Fachleuten Erstellen lassen. Diese können dann, falls eine Bank die Vollmacht nicht akzeptiert, schnell und sicher reagieren.

Mit der Vollmacht ist das ja oft so eine Sache. Wenn man sie dringend und schnell braucht, ist sie nicht so schnell auffindbar. Haben Sie da einen Rat?

Arnold: Die Abrufbarkeit der Vollmacht „rund um die Uhr“ und das weltweit, sind absolut wichtig, denn das muss auch von unterwegs klappen. Wer diese Dokumente nur zu Hause liegen hat, sollte sich überlegen, wie ein Krankenhaus denn davon erfährt, dass es solche Texte überhaupt gibt, wo diese liegen und wie es darankommt, wenn der Patient doch bewusstlos ist.

Was also tun?

Arnold: Es ist wichtig, dass Vorsorgedokumente, und dazu gehören auch medizinische Notfalldaten wie „notwendige Medikamente“, „Allergien“, „Unverträglichkeiten“ und die „Kontaktdaten behandelnder Ärzte“, jederzeit abrufbar sind. Denn diese Daten können Leben retten. Das jederzeitige weltweite Abrufen der Dokumente und medizinischen Notfalldaten funktioniert ganz einfach über einen professionellen Nothilfeausweis, den man bei sich trägt und über den man z.B. über einen Onlinezugriff auf einen digitalen Notfallordner alle wichtigen Daten weltweit 24/7 abrufen kann. Hier sollten zu informierende Personen und medizinische Daten eingetragen sein, damit die Angehörigen schnell erreicht werden und der Notarzt überlebenswichtige Informationen erhält. Ebenso macht es Sinn, weitere ausführlichere Informationen für die Angehörigen bereit zu stellen. Ich empfehle idealerweise einen digitalen Nothilfeordner vorzuhalten, auf den man über den Nothilfeausweis online Zugriff erhält. Hierzu gibt es verschiedene Anbieter, auch wir bieten so etwas an.

Wie meinen Sie das: Sollte im Nothilfeausweis eine Internetadresse gegebenenfalls mit Passwort enthalten sein?

Arnold: Auf jeden Fall muss der Abruf leicht sein, denn wenn ich medizinische Themen habe, von deren Kenntnis mein Überleben abhängt, dann sollte der Abruf nicht zu kompliziert sein. Der Arzt braucht diese Informationen ggf. sehr schnell. Der kann nicht lange tüfteln, das muss einfach und schnell gehen.