Der Insel-Abschied naht
Nina und Adrian bereiten sich auf die Rückkehr aus der Südsee in die Zivilisation vor.
Tonga. Manchmal sehen wir sie noch, die Buckelwale, wie sie außerhalb der Lagune aus dem Meer springen, senkrecht nach oben und dann mit einem kräftigen Platsch wieder abtauchen, oder wie sie beim Atmen Fontänen sprühen. Aber ihre Zeit in den warmen Gewässern Tongas, die im Juni begonnen hat, ist nun vorüber. Sie werden zurück in die Antarktis ziehen, ihre Jungtiere haben in den vergangenen Monaten genügend Speckschicht ausgebildet.
Auch wir werden bald die Rückreise antreten, obwohl wir nicht zugelegt haben. Unser Jahr auf einer einsamen Insel im Südsee-Königreich Tonga ist zu Ende. Wir werden ein paar Wochen verlängern, haben wir beschlossen — und trotzdem: Die Insel zu verlassen, wird uns schwerfallen. Der Abschied hat zwei Seiten. Es war von Anfang an ein Abenteuer auf Zeit, wenngleich wir jetzt, da die Zeit abläuft, mal wieder feststellen, dass sie viel zu schnell vor-überzieht. Warum wir andererseits zurück wollen in die Heimat und dieses surreale Lagunenparadies verlassen werden, ist die Vorfreude darauf, unsere Familie und Freunde wieder zu sehen.
Die letzten Wochen in der Einsamkeit verbringen wir damit, jeden Abend an den Strand zu gehen, den Sonnenuntergang anzuschauen — so wünscht es Nina — und danach ein Lagerfeuer zu machen. Vorzugsweise mit frisch gefangenem Fisch am Spieß.
Wir haben daran gezweifelt, jede Stelle der Insel erkunden zu können, aber mittlerweile kennen wir doch alles. Wir haben mit den Macheten so viele Wege geschlagen, was eine unglaublich harte Arbeit war, dass wir jederzeit sagen können, wo die nächste reife Brotfrucht vom Baum fallen wird und wo welche Bananenstauden wie reif sind.
Es werden zum Schluss noch einige Angelhaken übrigbleiben, dazu Leinen, was ich alles zusammen Tevita vermachen will, dem Fischer, der hier bei uns am häufigsten vorbeikam. Noch immer sprechen wir nur das Nötigste, weil ich seine Sprache kaum beherrsche und Tevita nur wenig Englisch. Zum Glück funktioniert es auch ohne Worte. Er bringt immer Fisch mit und wird sich über die Angelausrüstung freuen.
Wahrscheinlich lassen wir uns von Tevita mit auf seine Insel nehmen, um dort auf eine Fähre umzusteigen. Neben unserem Hab und Gut werden wir unseren Dosenmüll dabei haben, klein gehämmert, und eine Kiste voll mit alten Batterien, die von Fischern leider achtlos weggeworfen wurden. Tevita wird betrübt sein, wenn wir gehen. Und er wird sicher auch fragen, wann wir wiederkommen. Vielleicht wäre es leicht zu sagen: Ach, wahrscheinlich nächstes Jahr. Aber ich will lieber bei der Wahrheit bleiben: Ich weiß es nicht. Ausschließen werden wir es nicht, denn diese Inselsache, sie hat es uns angetan.