Biathlon: Der Älteste ist nicht zu schlagen
Der 40-jährige Ole-Einar Björndalen gewinnt sein siebtes Gold.
Sotschi. Mindestens eine Stunde noch, heißt es. Um 20.55 Uhr Ortszeit wird Ole-Einar Björndalen auftauchen. Mal wieder warten.
Aber wenn einer Geduld verdient hat, dann dieser 40-jährige Norwerger. Der Sieg am Samstagabend beim Zehn-Kilometer-Sprint der Biathleten ist sein siebter Olympiasieg.
„Der Sieg bedeutet mir sehr viel“, sagte Björndalen, „es ist einer meiner wichtigsten“. Björndalen ist eine olympische Legende. Seit Samstagabend mehr denn je. Er ist der Älteste, der bei Olympischen Winterspielen je einen Einzelwettbewerb gewonnen hat.
Am Montag ist er nach der starken Vorstellung vom Samstag der Topfavorit in der Verfolgung. Goldmedaillen sollten eigentlich gebührend gefeiert werden. Björndalen aber sprach davon, sich zurückzuhalten. Alles andere wäre bei dem 40-Jährigen auch überraschend. Er ist fokussiert auf den Erfolg, dem ordnet er alles unter.
Das Ende des Rennens am Samstag war schon der Beginn der Vorbereitung für Montag. Auf dem Spinning-Rad lockerte er bereits die beanspruchten Muskeln. Björndalen ist ein Perfektionist.
Dann könnte der Ausnahmekönner mit seinem achten Olympia-Gold — das erste gewann er vor 16 Jahren in Nagano ebenfalls im Sprint - und der 13. Medaille seinen Landsmann Björn Daehlie (achtmal Gold, viermal Silber) als erfolgreichsten Winter-Olympioniken ablösen.
In den vergangenen beiden Jahren hatte er sich zurückgehalten. Es war kaum Erfolgreiches von ihm zu sehen. Viele befürchteten schon, er könnte den perfekten Abschluss seiner Karriere verpasst haben.
Top-Athleten passiert so etwas schon mal. 2012 trennte er sich von seiner Ehefrau Natalie Sander, verhob sich an einem Holzklotz im Wald und hatte Probleme mit der Bandscheibe. „Ich hatte schwere Jahre und ein paar Probleme. Aber meine Motivation war größer. Und ich werde auch in Zukunft weiterkämpfen, wenn es die Gesundheit zulässt“, erklärte Björndalen. „Halbe Sachen gibt es bei mir nicht.“
Wie einst beim Weltcup in Antholz. Einmal schlief er in einem Hotel dort zwei Wochen im unbequemen Vorraum einer Sauna, weil die Zimmer ausgebucht waren.
Björndalen wollte wegen der Höhenlage aber unbedingt in dieser Unterkunft und keiner anderen übernachten, verzichtete dafür auf jeden Komfort. Björndalen ist ein positiv Besessener, getrieben von Erfolg. Er trinkt keinen Alkohol, schüttelt keine Hände, hat immer Desinfektionsmittel und einen Staubsauger dabei.
Seit Jahren engagiert er auf eigene Kosten den Mentaltrainer Oyvind Hammer. Die Investitionen haben sich ausgezahlt. Er hat sich optimal auf Sotschi vorbereitet. Er soll veranlasst haben, dass die Anstiege der Olympia-Strecke für ihn exakt auf einer Trainingsstrecke nachgebaut werden.
Das hat ihm geholfen. Er hat die Herrscher des Zehn-Kilometer-Sprints, seinen Landsmann Emil Hegle Svendsen und den Franzosen Martin Fourcade, beeindruckend hinter sich gelassen. Alle drei hatten je einen Schießfehler, Björndalen hat also durch seine Laufleistung triumphiert. 12,4 beziehungsweise 29,3 Sekunden hat er ihnen auf der extrem schweren Strecke abgenommen.
„Meine Beine haben mir heute sehr geholfen“, sagte er bescheiden. Dann war die Nachbesprechung vorbei. Die Dopingkontrolle stand an. „Wenn Oslo die Olympischen Spiele 2022 bekommt, will ich dabei sein“, sagte er, zupfte an seiner babyblauen Mütze und stellte mit seinem ihm ureigenen trockenen Humor fest: „Aber nicht als Biathlet.“