Der Alptraum in der Loipe

Tscharnke stürzt, Herrmann wird überholt — am Ende gibt es keine Medaille für die Deutschen.

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Krasnaja Poljana. Tim Tscharnke lag nach dem olympischen Sturz-Drama fassungslos am Boden, auch Denise Herrmann war nur noch zum Heulen zumute. In den dramatischen Teamsprints schlüpften die deutschen Langläufer am Mittwoch in die Rolle der tragischen Helden. Kurz vor dem Stadion glitt dem Herren-Duo Tscharnke und Hannes Dotzler eine sichere Medaille aus den Händen, als der deutsche Schlussläufer nach einer Kollision mit Olympiasieger Finnland unsanft in den Schnee purzelte.

Herrmann hatte zuvor auf der Zielgerade Bronze an Schweden verloren und musste von ihrer Teamkollegin Stefanie Böhler getröstet werden. Über Gold jubelte Norwegen.

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„Scheiße“, fluchte Tscharnke im Ziel, „das war eine sichere Medaille, die wir nach diesem Auftritt verdient gehabt hätten.“ Wenige Meter nach der letzten gefährlichen Kurve war der 24-Jährige vom finnischen Schlussläufer Sami Jauhojärvi bedrängt worden und gestürzt. „Ich konnte nicht mehr ausweichen. Mein erster Gedanke war: Jetzt ist es vorbei“, sagte Tscharnke.

Eine gefühlte Ewigkeit schaute er ungläubig dem Finnen und dem Russen Nikita Krjukow, mit denen er ein souveränes Spitzentrio gebildet hatte, hinterher. „Meine Ski hatten sich verhakt, und ich war müde. Wenn ich gewusst hätte, was für einen Vorsprung wir hatten, hätte ich mir beim Aufstehen mehr Mühe gegeben“, sagte Tscharnke.

Frustriert und ausgelaugt lief er als Siebter ins Ziel, wo die deutsche Mannschaft vergeblich Protest einlegte. „Ich ärgere mich maßlos. Das ist eine unfaire Entscheidung“, kritisierte Bundestrainer Frank Ullrich. Beim Weltcup im Vorjahr hatte es eine ähnliche Situation gegeben — nur mit umgekehrten Vorzeichen. „Damals wurden wir disqualifiziert“, schimpfte Ullrich.

Die Damen lagen ebenfalls lange auf Medaillenkurs. Doch wie schon im Spezial-Sprint und in der Staffel wurde Herrmann auf der Zielgerade abgefangen. „Auch darüber ärgere ich mich. Bronze war möglich“, sagte Ullrich. Enttäuscht lag Herrmann danach im Schnee und fluchte vor sich hin. „Ich habe geglaubt, ich habe die Schwedin auf den letzten 100 Metern locker im Griff. Wenn sie dann neben dir auftaucht, gehst du fest. Es ärgert mich umso mehr, dass ich mich von einer Rivalen schlagen lassen musste, die ich sonst im Griff habe“, sagte die 25-Jährige.

Weil es im Halbfinale bei ihr nicht rund gelaufen war, hatte Herrmann zwischen den Rennen den Ski gewechselt. „Das war ein gewisses Risiko. Zunächst lief er ganz gut, aber zum Schluss nicht mehr so toll. Auf der Zielgerade habe ich fast gestanden“, sagte Herrmann.

Trost erhielt die Oberwiesenthalerin von ihrer Teamgefährtin. „Für Denise ist das natürlich hart, deshalb braucht sie uns jetzt. Wir haben doch schon eine Medaille und heute den vierten Platz gewonnen und nicht Bronze verloren“, sagte Böhler. Auch Claudia Nystad litt als Zuschauerin und erklärte mit Trauermiene: „Ich könnte heulen.“ Mit dieser Gemütsverfassung war sie an einem schwarzen Tag für die DSV-Läufer nicht allein.