Entsetzen bei ARD und ZDF: Keine Olympia-Rechte
Lausanne (dpa) - Dem ersten Schreck über die zunächst verpassten Fernsehrechte für Olympia folgte bei ARD und ZDF das große Rätselraten. Die beiden öffentlich-rechtlichen TV-Sender sind vom Verkauf der Medien-Rechte für das Ringe-Spektakel an das US-Unternehmen Discovery überrascht worden.
Ob sie nach dem Milliarden-Geschäft noch eine Chance haben, von den Spielen 2018 bis 2024 zu berichten, wissen die deutschen Sender derzeit nicht.
„Aus der Pressemitteilung des IOC geht nicht hervor, was die Rechtevergabe an die beiden internationalen, auch in Deutschland verbreiteten Sender für den deutschen Fernsehmarkt bedeutet“, schreiben ARD und ZDF: „Hieraus ergeben sich Fragen an das IOC und den DOSB.“ Antworten darauf konnten sie selber zunächst nicht geben.
IOC-Präsident Thomas Bach versuchte zu beruhigen. Er machte ARD und ZDF trotz der Vergabe der gesamten TV-Rechte für Europa an einen US-Konzern Hoffnungen. „Die Rechte sind im Moment exklusiv in den Händen von Discovery Communications und Eurosport. Aber sie sind bereit, Verhandlungen aufzunehmen über Abkommen mit anderen Übertragungsanstalten“, sagte Bach auf einer internationalen Telefon-Schaltkonferenz auf dpa-Anfrage.
Der überraschende Mega-Deal mit Discovery und Eurosport bedeute nicht, „dass jetzt irgendjemand aus dem Rennen ist. Wer im Rennen sein möchte, kann sich jederzeit an Discovery wenden“, erklärte der deutsche IOC-Chef. „Sie haben gehört, wie offen Discovery ist, da in Diskussionen oder Verhandlungen einzutreten.“
Mit anhaltendem Gesprächs- und auch Klärungsbedarf rechnet der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes. „Mit dem nun erfolgten Schritt sind die daraus resultierenden Chancen und Risiken erst einmal umfangreich und sachgerecht zu prüfen“, sagte Alfons Hörmann am Abend in einer schriftlichen Stellungnahme. „Über die Auswirkungen wird in den kommenden Wochen und Monaten sicher intensiv diskutiert werden.“
Es dürfte eine Frage des Preises sein, ob das Erste und das Zweite noch zum Zuge kommen. Discovery muss den gewaltigen Deal refinanzieren. Für das gesamte Rechtepaket für alle technischen Plattformen muss das Unternehmen 1,3 Milliarden Euro bezahlen, wie das IOC mitteilte. Discovery sendet vor allem über seine Tochter Eurosport. In Deutschland ist der Spartensender im Gegensatz zu anderen Ländern frei empfangbar. Er hat aber auch Pay-TV-Kanäle.
Auf direktem Weg sind die bisherigen deutschen Dauerpartner des IOC gescheitert. „ARD und ZDF hatten ein angemessenes Angebot abgegeben“, heißt es in der Mitteilung der Sender. Die beiden öffentlich-rechtlichen Anstalten waren bisher der Dauer-Partner des IOC. Sie berichten 2016 auch von den Sommerspielen in Rio de Janeiro.
ARD und ZDF hatten zuletzt vor vier Jahren nach einem mühsamen Poker ein Rechtepaket für die Spiele 2014 und 2016 erworben und dafür geschätzte 110 Millionen Euro bezahlt. Zuvor hatte das IOC sogar damit gedroht, die Rechte an das Pay-TV zu verkaufen. Die deutschen Sender erwarben damals die Lizenzrechte zum ersten Mal direkt beim IOC, weil die Olympia-Bosse das Paket für den deutschen Markt nicht mehr an den europäischen Senderverbund European Broadcasting Union (EBU) verkaufen wollten. Jetzt müssen sie sich an Discovery wenden.
Offen blieb zunächst, ob das US-Unternehmen tatsächlich einen Teil seiner Rechte für den deutschen Markt verkaufen will. Auf Anfrage schloss Discovery zumindest Sublizenzen für ARD und ZDF nicht aus. „Wir haben noch keine konkreten Pläne, aber werden in allen Märkten die Möglichkeiten prüfen, die Berichterstattung auszuweiten“, teilte das Unternehmen dazu mit.
Während bei ARD und ZDF das Entsetzen groß war, wurde beim Sieger des Wettbietens gefeiert und beim IOC gelobt. Es wurde laut Bach „ein wichtiger Vertrag geschlossen. Wir freuen uns, dass Eurosport der neue Partner des olympischen Sports ist. Diese Vereinbarung sorgt für eine umfassende Berichterstattung über die Olympischen Spiele in ganz Europa, und dazu gehört die Garantie einer umfangreichen Free-TV-Berichterstattung in allen Märkten“, sagte der deutsche IOC-Chef. Ausgenommen von dem Deals sind Großbritannien und Frankreich. BBC und France Television haben bereits Verträge bis 2020.