Finanzen machen Sotschi 2014 zu schaffen

Sotschi (dpa) - Mit einem spektakulären Feuerwerk hat Sotschi den Countdown auf die Olympischen Winterspiele 2014 in einem Jahr bejubelt. Aber kaum ist die letzte Rakete am Himmel über dem russischen Kurort am Schwarzen Meer verglüht, bereitet die Finanzierung den Machern Kopfschmerzen.

Rund 37,5 Milliarden Euro sollen die teuerst in Olympischen Spiele der Geschichte kosten, Tendenz steigend. Zwar kommen mehrere Oligarchen - wohl auf Druck des Kreml - für einen Teil auf. Moskauer Medien allerdings berichten von ungedeckten Krediten. Dem Staat droht, dass er die Kosten doch komplett übernehmen muss. Milliardensummen und Bauverzögerungen hätten zu einer „Bedrohungslage für das nationale Prestige“ geführt, analysiert die Zeitung „Nesawissimaja Gaseta“ am Freitag.

Hinzu kommen Hahnenkämpfe und Eitelkeiten in der Führungsriege. Vor allem der Fall des bisherigen NOK-Vizes Achmed Bilalow sorgt für großen Wirbel. Dessen Firma baut im Skiressort Krasnaja Poljana oberhalb von Sotschi die Sprungschanzen für Olympia - allerdings verzögert sich die Bauzeit um zwei Jahre, zudem wird es deutlich teurer als geplant.

„Was? Am Anfang eine Milliarde und jetzt acht Milliarden? Das habt ihr fein gemacht, ihr seid echte Prachtkerle“, kommentierte Kremlchef Wladimir Putin sarkastisch bei einem Kontrollbesuch - und feuerte „Genosse Bilalow“ aus allen Ämtern. Der Präsident reagiert ungewohnt emotional, wenn es um sein Prestigeprojekt Olympia 2014 geht.

Experten sind jedoch sicher, dass die Gründe für den Rauswurf nur vorgeschoben sind und Bilalow, der als Mann des ehemaligen Kremlchefs Dmitri Medwedew gilt, als Sündenbock für die explodierenden Kosten herhalten müsse. Vielmehr habe ein erbitterter Streit mit dem für Olympia zuständigen Vizeregierungschef Dmitri Kosak, einem engen Vertrauten Putins, eine Rolle gespielt, berichten Medien.

Bilalow will aber nicht so schnell klein beigeben wie so viele andere, die Putins Zorn zu spüren bekamen. Die Skisprungschanzen seien immerhin die einzige Anlage, die von einem internationalen Sportverband ein Qualitätssiegel erhalten habe, betont der geschasste Unternehmer.

Die investierenden Oligarchen haben ihr Geld für Luxushotels in den Bergen und Sportarenen oft schon abgeschrieben. Denn Experten zweifeln stark an der angestrebten Nachhaltigkeit für das Megaprojekt. Nach dem Willen Putins sollen das idyllisch gelegene Sotschi und die nahen Skigebiete im Kaukasus zur Visitenkarte des modernen Russland werden. Ein Ferienressort, das es mit beliebten Reisezielen in der Schweiz oder Frankreich aufnehmen kann.

Putin selbst sorgt für die Werbung. 2014 findet nach Olympia auch der G8-Gipfel hier statt, später im Jahr soll die Formel 1 erstmals auf einer neuen Strecke am Schwarzen Meer gastieren, und auch für die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 ist Sotschi fest eingeplant.

Dass sich der Neubau der gesamten Infrastruktur am Schwarzen Meer rentiert, halten Experten für Illusion. Rechnungshofschef Sergej Stepaschin schätzt die Kosten für die Instandhaltung der Objekte nach den Spielen auf mindestens 1,25 Milliarden Euro. Hinzu kommt: Ein Ferienparadies, das mit den günstigen Anbietern in Westeuropa konkurrieren kann, wird Sotschi kaum. So mutet es unwahrscheinlich an, dass reiche Russen in Zukunft lieber an die Schwarzmeerküste reisen denn in die angesagten Winter-Hotspots Davos oder Courchével.

Mit vielen Touristen aus dem Westen rechnet ohnehin kaum jemand in Sotschi. Hürden gibt es genug: Die Anreise ist teuer und beschwerlich, da Direktflüge äußerst selten sind. Visa müssen besorgt werden, hinzu kommen die Sprachbarriere und oft ein Service wie zu Sowjetzeiten. Viele schreckt auch die Terrorgefahr ab - im nahen nördlichen Teil des Kaukasusgebirges verüben Islamisten immer wieder Anschläge.