Frauen von Pussy Riot in Sotschi festgenommen
Sotschi (dpa) - Am Rande der Olympischen Winterspiele in Sotschi hat die Polizei die Aktivistinnen der kremlkritischen Punkband Pussy Riot und den Menschenrechtler Semjon Simonow kurzzeitig festgenommen.
Der Zugriff sei „brutal und grundlos“ im Zentrum der russischen Stadt erfolgt, sagte Maria Aljochina von Pussy Riot am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa. Nadeschda Tolokonnikowa warf der Polizei vor, sie sei mit dem Gesicht über das Parkett gezerrt worden. Nach ihren Verhören wurden die Frauen sowie Simonow und auch einige festgenommene Journalisten wieder auf freien Fuß gesetzt. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International zeigte sich empört.
„Unter Präsident Wladimir Putin werden die olympischen Ringe zu Handschellen“, teilte Amnesty-Sprecher John Dalhuisen mit. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) müsse sich einschalten. Dalhuisen warf den russischen Behörden Menschenrechtsverletzungen vor, indem sie massiven Druck auf Aktivisten ausüben würden. „Es geht um Menschen, die nur ihre Meinung sagen. (...) Fast täglich gibt es Berichte über Festnahmen“, betonte er. IOC-Sprecher Mark Adams sagte der dpa zunächst: „Wir warten auf eine offizielle Bestätigung, aber es scheint mir ein Fall für die lokalen Behörden zu sein.“
Nach unterschiedlichen Medienangaben wurden den Frauen Diebstahl im Hotel oder ein Verstoß gegen Meldeauflagen vorgeworfen. Die Polizei gab auf dpa-Anfrage keinen Kommentar. Das Innenministerium teilte nach der Freilassung mit, es liege nichts gegen die Frauen vor. Der Menschenrechtler Simonow von der Organisation Memorial hatte vor allem die Ausbeutung von Gastarbeitern beim Bau der Olympiaanlagen kritisiert - zum Ärger der Organisatoren der Spiele, die als Prestigeprojekt von Kremlchef Wladimir Putin gelten.
„Wir haben keinen Widerstand geleistet. Aber sie sind mit grober Gewalt gegen uns vorgegangen. Sie zerrten uns in ein Polizeiauto“, sagte Aljochina. Tolokonnikowa und sie seien in den vergangenen Tagen in Sotschi bereits mehrfach festgenommen worden, erzählte sie. „Am 16. wurden wir für sieben Stunden festgehalten, und am 17. waren wir zehn Stunden beim (Inlandsgeheimdienst) FSB“, sagte sie. Tolokonnikowa kündigte wegen der „Polizeigewalt“ eine Klage an.
Pussy Riot war nach eigenen Angaben in der Olympia-Stadt am Schwarzen Meer, um einen neuen Videoclip zu drehen mit dem Titel „Putin bringt Dir bei, die Heimat zu lieben“. Aljochina und Tolokonnikowa waren im Zuge einer Amnestie nach fast zwei Jahren Haft am 23. Dezember 2013 frei gekommen. Beide waren nach einem Anti-Putin-Auftritt in einer Moskauer Kirche 2012 festgenommen und wegen „Rowdytums aus religiösem Hass“ verurteilt worden.
Für Kritik hatte zuletzt auch die Verurteilung des russischen Umweltaktivisten und Olympia-Gegners Jewgeni Witischko zu drei Jahren Lagerhaft gesorgt. Der 40-Jährige Ökologe wirft den Organisatoren der Spiele Umweltzerstörung vor. Innenminister Thomas de Maizière hatte die Verurteilung als unverhältnismäßig kritisiert. Auch die Festnahme der italienischen Homosexuellen-Aktivistin Vladimir Luxuria im Olympia-Park hatte für Schlagzeilen gesorgt. Russland steht wegen Missachtung der Menschenrechte immer wieder in der Kritik.