IOC-Präsident Bach verteidigt Russland-Strategie

Rio de Janeiro (dpa) - Fünf Tage vor Eröffnung der Sommerspiele in Rio hat IOC-Präsident Thomas Bach den Vorwurf zurückgewiesen, das Internationale Olympischen Komitee habe im Dopingskandal um Russland versagt.

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„Ich denke, es wird anerkannt, dass wir das Beste getan haben“, sagte er auf einer Pressekonferenz in Rio. „Ich vertraue den Menschen, dass sie diese Schwierigkeiten verstehen.“

Zugleich betonte er, dass das IOC weder für den Zeitpunkt der Veröffentlichung der Fakten noch für die Gründe dieser Vorfälle die Verantwortung trage. Vielmehr habe die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) wesentlich zu dieser Krise beigetragen. Dass kurz vor Beginn der Sommerspiele noch Unklarheit herrsche, welche russischen Athleten starten könnten, sei deshalb nicht Schuld des IOC. Es habe schon viel früher Hinweise auf Dopingvergehen in Russland gegeben.

„Wir können nicht dafür verantwortlich gemacht werden, dass verschiedenen Informationen, die der WADA vor einigen Jahren angeboten wurden, nicht nachgegangen worden ist. Und das IOC ist nicht verantwortlich für die Akkreditierung der Doping-Kontrolllabore“, meinte Bach in Bezug auf russische Manipulationen in den WADA-Einrichtungen bei den Winterspielen 2014 in Sotschi sowie in Moskau bei verschiedenen Weltmeisterschaften.

Der 62-jährige Tauberbischofsheimer rechtfertigte erneut die Entscheidung, Russlands Olympia-Team trotz nachgewiesenen Staatsdopings nicht komplett von den Rio-Spielen auszuschließen, sondern die Fachverbände mit der Prüfung der einzelnen Fälle zu beauftragen. „Es war eine schwierige Entscheidung“, sagte Bach.
„Wir mussten entscheiden, was für eine Auswirkung dieses Dopingsystem auf jeden einzelnen Athleten hatte, und wie weit man gehen konnte, Einzelne für die Fehler der Regierung zu bestrafen.“

Eine Einflussnahme der russischen Regierung auf die IOC-Entscheidung, die wohl rund 250 Athleten des Landes noch einen Olympia-Start ermöglicht, wies der IOC-Chef strikt zurück: „Ich hatte seit der Veröffentlichung des McLaren-Reports keinen Kontakt mit einem Offiziellen der russischen Regierung - und auch danach nicht.“ Der Untersuchungsbericht hatte den Vorwurf bestätigt, dass es ein staatlich gelenktes Dopingsystem in Russland gibt.

Für das IOC sei der Fall nicht zu Ende, bekräftigte Bach. Wenn Ermittler Richard McLaren seine Untersuchungen beendet habe, werde die Situation sorgfältig analysiert. Es werde alles mit angemessener Distanz betrachtet und dann entschieden, „welche Maßnahmen und Sanktionen noch getroffen werden müssen“. Allerdings stoße das IOC dabei an Grenzen. „Wir wollen die Vorwürfe vollständig aufklären. Das IOC ist aber nicht in der Position, einen Staatspräsidenten oder Minister irgendeines Landes zu bestrafen“, sagte Bach.

Er rechtfertigte sich auch für das vom IOC verfügte Startverbot für die russische Doping-Kronzeugin Julia Stepanowa bei den Rio-Spielen. „Wir mussten wirklich eine schwierige Entscheidung treffen“, sagte Bach. Aber das IOC müsse die olympischen Regeln befolgen. „Man kann die olympische Charta nicht ändern.“ Die Führungsspitze des IOC hatte wegen einer zweijährigen Dopingsperre auch einen zweiten Antrag Stepanowas abgelehnt, als neutrale Athletin starten zu können.

Vor und während der Olympischen Spiele in Brasilien habe das IOC alles getan, um die sauberen Athleten so gut wie möglich zu schützen. Bei den Dopingtests vor dem großen Sportspektakel wurden 2200 Athleten aus 96 Ländern bei Zielkontrollen ins Visier genommen. Zudem sind 98 Athleten, die bei Nachtests von Peking 2008 und London 2012 positive Befunde aufwiesen, aus dem Verkehr gezogen worden. Während der Spiele sind rund 4500 Urin- und 1000 Bluttests vorgesehen.

Welche russische Athleten nach der Eröffnungsfeier am Freitag in Rio antreten dürfen, entscheidet ein Gremium mit den drei IOC-Mitgliedern Claudia Bokel, der Vorsitzenden der Athletenkommission, Ugur Erdener, dem Chef der Medizinischen Kommission, und Juan Antonio Samaranch jr. „Wir wollen ganz klar zeigen, dass wir es sind, die die letzte Entscheidung treffen“, sagte IOC-Sprecher Mark Adams.

Zunächst werden noch Experten des Internationalen Sportgerichtshofs (CAS) diese Nominierungen prüfen, ehe das IOC-Gremium in jedem Einzelfall einen finalen Beschluss trifft. „Wir haben eine ziemlich kurze Frist. Bis allerspätestens Freitag müssen wir fertig sein“, erklärte Adams.