Einen Monat vor Olympia Koreanische Sportdiplomatie: Hoffnung auf Entspannung
Seoul (dpa) - Der Sport als Mittel der Diplomatie soll Südkorea und Nordkorea zu einer neuen Phase der Entspannung verhelfen.
Die jüngsten Signale der Annäherung haben die Angst vor einer Eskalation des Atomstreits kurz vor den Olympischen Winterspielen, die in einem Monat in Pyeongchang eröffnet werden, erheblich verringert. Bei den ersten Gesprächen der beiden Länder seit zwei Jahren soll am Dienstag nicht nur über Nordkoreas Olympia-Teilnahme verhandelt werden, sondern nach dem Willen des Südens auch eine Grundlage für regelmäßige Gespräche geschaffen werden.
Sport hatte für die beiden Staaten angesichts ihrer angespannten Beziehungen schon immer eine wichtige Symbolik. Schon oft hat es in ihrer Geschichte Versuche gegeben, durch den sportlichen Austausch die Bemühungen um Entspannung zu stützen. Die Verhandlungen darüber waren jedes Mal mühsam. Der Austausch wurde genauso wie etwa die Begegnungsprogramme für auseinandergerissene koreanische Familien immer wieder unterbrochen.
Doch jetzt gibt es wieder ein neues Friedensangebot. Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un bot an, eine Delegation nach Pyeongchang zu entsenden. Noch ist unklar, ob Athleten aus dem weithin isolierten Land teilnehmen werden. Doch das Internationale Olympische Komitee (IOC) könnte etwa Wildcards an die Paarläufer Ryom Tae Ok und Kim Ju Sik vergeben, die sich als einzige Nordkoreaner für Pyeongchang qualifiziert, jedoch nicht mehr rechtzeitig angemeldet hatten.
Die Olympia-Macher hoffen nach den jüngsten Entwicklungen, dass zumindest für die Dauer von Olympia und Paralympics im März Ruhe in dem Dauerkonflikt herrscht. Dazu würde die Teilnahme Nordkoreas wohl einen großen Beitrag leisten.
Die ersten Versuche der Annäherung über den Sport zwischen beiden Ländern begann nach Angaben des südkoreanischen Instituts für Sportwissenschaften Anfang 1963 - zehn Jahre nach Ende des Korea-Kriegs. Die Hoffnung, mit einem gemeinsamen Team bei den Olympischen Spielen 1964 in Tokio antreten zu können, scheiterte jedoch an der „Kalte-Kriegs-Ideologie“, schreibt das Institut in einem „Weißbuch des Sports“.
Die Vergabe der Olympischen Spiele 1988 an Seoul war dann für Südkoreas damalige autoritäre Regierung ein willkommener PR-Coup. Nordkorea schlug zunächst vor, die Wettkämpfe auf beide Länder zu verteilen. Die Taktik hinter dem Manöver blieb unklar, wie das Forschungsmitglied beim Wilson Center, Sergej Radschenko, für das „Internationale Dokumentationsprojekt Nordkorea“ des US-Instituts im Jahr 2011 bilanzierte. Es könne sein, dass der damalige Staatschef Kim Il Sung beides im Auge gehabt habe, „die Spiele zu ruinieren oder sie zu teilen. Am Ende wurde er in beiden Punkten ausmanövriert.“ Letztlich blieb Nordkorea den Spielen fern.
Bei den Olympischen Spielen in Sydney 2000 waren Süd- und Nordkorea dann zum ersten Mal olympisch vereint - wenn auch nur für kurze Zeit. Bei der Eröffnungsfeier marschierten beide Mannschaften hinter einer „Flagge der koreanischen Halbinsel“ ein. Das gleiche wiederholte sich vier Jahre später in Athen und auch 2006 in Turin, doch für die Peking-Spiele 2008 platzten ähnliche Pläne.
Außerhalb der olympischen Arena hatten die Bemühungen um einen sportlichen Austausch schon früher Erfolg. 1991 entsandten beide Staaten zur Tischtennis-WM im japanischen Chiba erstmals ein gemeinsames Männer- und Frauenteam. Die Frauen gewannen sogar den Titel. Auf die durchaus umstrittene Sonnenscheinpolitik des früheren südkoreanischen Präsidenten Kim Dae Jung (1998 bis 2003) folgten Freundschaftsspiele der Mannschaften beider Länder im Fußball und anderen Sportarten.
Bei den Asienspielen 2002 im südkoreanischen Busan liefen die Teams beider Länder zusammen bei der Eröffnungs- und Schlusszeremonie ein. Besonders große Aufmerksamkeit zogen damals Nordkoreas Cheerleader auf sich, die von den südkoreanischen Medien auch als „Truppe der Schönen“ bezeichnet wurden. Auch kamen nordkoreanische Sportler zu den Asienspielen 2005 und 2014, die jeweils in der südkoreanischen Küstenstadt Incheon stattfanden.
Ob indes auf eine Olympia-Teilnahme Nordkoreas ein Durchbruch in den Beziehungen folgen könnte, gilt in Südkorea zumindest als fraglich. Schon befürchten die Menschen, dass sich die Spannungen danach wieder verschärfen. Zunächst stehen ohnehin ganz praktische Fragen im Vordergrund: wer wird zum Beispiel für die Reisekosten für die Nordkoreaner aufkommen, ohne dass die UN-Sanktionen gegen das Land verletzt werden, fragen sich die Kommentatoren. „Vorerst erwartet man, dass das IOC die Kosten für die nordkoreanischen Athleten übernimmt“, schreibt die Zeitung „Hankyoreh“.