Olympia: Von der Routine der Alten Hasen lernen

Routine sticht — das fällt bei den Spielen in Sotschi auf. Die Liste der Athleten, die die 40 bereits überschritten haben, ist lang. Erfolgreich sind sie trotzdem.

Alter schützt vor Leistung nicht: Der tschechoslowakische Eishockey-Guru Jaromir Jagr (42).

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Noriaki Kasai

Ein alter Skihase: Skispringer Noriaki Kasai (42) aus Japan.

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Die Frau fürs Leben sucht der Japaner noch immer. Im Juni wird er 42, da sind andere schon wieder geschieden. Noriaki Kasai sagt: „Skispringen ist meine Lieblingsbeschäftigung, es bedeutet die Welt für mich. Ich liebe es einfach.“ So simpel ist die Erklärung, warum der stolze Besitzer eines gelben Ferrari noch immer außergewöhnlich gut springt. Sein olympisches Silber hat Kasai seiner jüngeren Schwester gewidmet. Sie liegt im Krankenhaus. Kasai mag nicht aufhören. Seine Botschaft: „Wenn Athleten nicht mehr so jung sind und dennoch Erfolge feiern, bedeutet das doch für jeden Menschen: Du sollst niemals aufgeben. Setze dir immer neue Ziele. Wenn du das machst, kommst du auch in deinem anderen Leben voran.“

Rodler Armin Zöggeler (40) aus Italien.

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Er war schon immer ein Rebell. Früher, als Schüler, trug Jaromir Jagr ein Foto von Ronald Reagan in seinem Heft. Ungewöhnlich für einen Tschechoslowaken. Der Eishockey-Star ist Rebell geblieben. Seit Samstag ist er 42, doch wird er auf ein Karriereende angesprochen, reagiert er trotzig. Solange er laufen könne, werde er auch Eishockey spielen. Mit 698 Toren liegt er in der ewigen Bestenliste der NHL auf Rang sieben, derzeit spielt er für die New Jersey Devils. Sotschi sind seine fünften Spiele. Jagr trägt die Nummer 68. Es ist eine Anspielung an den Prager Frühling. Er hat alles erreicht. NHL-Champion, Weltmeister und 1998 Olympiasieger. Diesen Triumph will er noch einmal wiederholen.

Norwegens Biathlon-König Ole Einar Björndalen (40).

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In Völlan hängt längst ein Schild am Ortseingang. Die Südtiroler sich mächtig stolz auf ihren berühmten Einwohner. Im Eiskanal von Krasnaja Poljana hat der Rennrodler Sportgeschichte geschrieben. Der 40-Jährige ist der einzige Athlet, dem es gelungen ist, bei Winterspielen in einer einzigen Disziplin sechs Mal in Folge immer eine Medaille zu holen. Diesmal war es Bronze. Armin Zöggeler hatte sich einst über Jahre mit Georg Hackl duelliert. Nun ist Schluss für den Vater zweier Kinder, den sie schon 2011 zum Maresciallo (Stabsfeldwebel) der Carabinieri ernannt haben. Zöggeler sagt bescheiden: „Jetzt fahre ich nach Hause und plane meine Zukunft.“

Eines stellt der Norweger gleich klar. „Ich fühle mich nicht wie 40. Wir haben 20-Jährige im Team. Vom Kopf her fühle ich mich kaum älter.“ Für den disziplinierten Biathleten hat sich die harte Arbeit für Olympia gelohnt. Gleich im Sprint hat er Gold geholt — sein siebtes bei Winterspielen. Dafür verzichtet der smarte Norweger, der im österreichischen Obertilliach wohnt, auf viel. So traut sich der Skijäger nicht mehr, gefährliche Sportarten wie Fußball oder Squash zu betreiben. Über sein Alter sagt Björndalen: „Ich habe gute Eltern, gute Gene, einen guten Körper, und ich passe auf mich auf.“ Nach der Saison wird Schluss sein. Was dann kommt? Alles — nur kein Ruhestand.

Es ist das Verlangen nach Genugtuung, das die Eisschnellläuferin antreibt. Am Samstag feiert sie ihren 42. Geburtstag. Eine Medaille in Sotschi wäre ein Schlag ins Gesicht ihrer Kritiker. Daraus zieht sie ihre Motivation, ihrem Alter zu trotzen.

Zwischen 2009 und 2011 war Pechstein wegen Dopings gesperrt. In einem Indizienprozess wurden ihr erhöhte Blutwerte zum Verhängnis. Verbittert saß sie die Sperre ab. Und kehrte stärker zurück. Sie trainiert mehr und härter als die anderen. Immer wieder beklagt sie die laxe Einstellung ihrer bis zu 20 Jahre jüngeren Kolleginnen. Ehrgeizig war Pechstein zwar schon immer, seit der Sperre brennt auch noch das Feuer der Rache in Deutschlands erfolgreichster Winterolympionikin. Gewinnt sie morgen über 5000 Meter ihre zehnte Einzelmedaille. könnte ihre Genugtuung größer nicht sein.