Pekinger glücklich über Winterspiele - „frische Luft“

Peking (dpa) - Als die Entscheidung gefallen ist, bestellt Wang Song erstmal eine Runde Bier für alle. Mit Freunden ist der 28-Jährige in eine Bar im Pekinger Vergnügungsviertel Sanlitun eingekehrt, um live die Wahl des Internationalen Olympischen Komitees über die Winterspiele 2022 zu verfolgen.

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„Das war eng“, sagt Wang, als auf dem Sportsender CCTV 5 verkündet wird, dass sich Peking denkbar knapp mit 44:40 Stimmen gegen den kasachischen Mitbewerber Almaty durchgesetzt hat. „Aber egal, Hauptsache wir haben gewonnen. Ich freue mich vor allem auf Curling, das können wir Chinesen.“

Außer an Wangs Tisch scheint in der Bar kaum jemand Notiz von den Berichten im Fernsehen zu nehmen. „Man muss das verstehen. Die ersten Sommerspiele 2008 waren für uns Pekinger eine Sensation. Über die Winterspiele jetzt freuen sich die Menschen zwar auch, aber die Aufregung ist längst nicht mehr so groß wie damals“, sagt der 30 Jahre alte E Yangyang, ein Kumpel von Wang.

Dass sich das Interesse der Pekinger an den Winterspielen zumindest in Sanlitun in Grenzen hält, wird auch ein paar Türen weiter, im Yuesi-Club, klar. Frau Zhang vom Nachbarschaftskomitee des Bezirks wollte hier eigentlich eine große Olympia-Party schmeißen. „Wahrscheinlich liegt es daran, dass Wochenende ist. Die Leute haben eben andere Dinge vor“, sagt Zhang und streicht sich verlegen über die Stirn, als sie auf die einzigen sechs Gäste zeigt, die gekommen sind.

Macht nichts. Not macht erfinderisch: Frau Zhang reicht der Gruppe chinesische Nationalfähnchen aus Papier und arrangiert sie dicht vor dem Fernseher an der Wand, wo noch immer die Übertragung von der IOC-Konferenz im Kuala Lumpur läuft. Wenigstens das Erinnerungsfoto ist an diesem Abend gerettet.

Draußen auf der Straße ist Zhao Wenda gerade auf dem Weg zum Einkaufen. Auf ihrem Smartphone hat sie bereits von der Neuigkeit gelesen. „Es ist klasse, dass Peking die Spiele kriegt. Ich verstehe zwar nichts von Sport“, sagt die 24-Jährige: „Ich freue mich aber trotzdem, weil die Regierung versprochen hat, bis zu den Spielen den Smog in den Griff zu kriegen. Dann haben wir endlich frische Luft.“

Zhang glaubt, dass die Spiele vor allem in Pekings Nachbarstadt Zhangjiakou, mit der sich die Hauptstadt gemeinsam beworben hat, zu großen Veränderungen führen wird. „Für die Menschen dort ist das alles heute sicher noch bedeutender als für uns hier in Peking.“

So sieht es auch Lin Yangxiaojian. „Ich sehe mir gerne die Eiskunstläuferinnen an“, sagt der 30-Jährige. „Aber wirklich wichtig sind die Spiele für die Stadt aus einem anderen Grund: Sie werden dabei helfen, die Umweltprobleme schneller zu lösen.“ Vor noch mehr Menschen, die als Olympia-Gäste in die Millionenmetropole strömen, fürchtet sich Lin nicht. „Das hier ist Peking. Da fallen ein paar Hunderttausend Besucher mehr oder weniger am Tag wirklich nicht auf.“

Gänzlich vorbei ging der mediale Trubel um die Olympischen Winterspiele derweil an Cai Hangbo. „Ich wusste gar nicht, dass heute so eine Entscheidung getroffen wurde“, sagt der 44-Jährige. Auf die anstehenden Winterspiele angesprochen, freut er sich aber trotzdem: „Ich werde mir das im Fernsehen anschauen.“ Nur mit den Sportarten hat er es noch nicht so: „Besonders Badminton und Tischtennis finde ich gut.“