Rugby-Welt staunt über deutsches Team: Olympia-Traum lebt

Hannover (dpa) - Olympia ist plötzlich keine Utopie mehr. Die Rugby-Szene kommt aus dem Staunen gar nicht mehr heraus und überschüttet das deutsche 7er-Team nach dem zweiten Platz der Nationalmannschaft bei der europäischen Olympia-Qualifikation in Lissabon mit Lobeshymnen.

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„Ob England oder Frankreich, sogar in Australien wird unser Abschneiden ausführlich und wohlwollend kommentiert“, wunderte sich Volker Himmer, Geschäftsführer des Deutschen Rugby-Verbandes (DRV).

Damit lebt der Traum von Rio 2016 weiter. Das Team von Nationaltrainer Rainer Kumm löste das Ticket für die Welt-Qualifikation im Juni nächsten Jahres. Dort wird das letzte Olympia-Ticket ausgespielt. „Es war eine einzigartige Saison. Wie werden wahrscheinlich erst zu Hause realisieren, was wir alles erreicht haben“, bilanzierte DRV-Leistungssportreferent Manuel Wilhelm die zurückliegenden Monate.

Bei drei EM-Turnieren und zum Abschluss in Portugal katapultierte sich das Nationalteam in die europäische Spitzenklasse. Daran war vor vier Jahren, als der Verband kurz vor der finanziellen Pleite stand, überhaupt nicht zu denken. Im traditionellen Rugby, wo 15 Spieler eine Mannschaft bilden, ist Deutschland auch weiterhin von der Weltspitze abgeschnitten. Die WM im September in England und Wales findet ohne die DRV-Auswahl statt.

Doch im 7er-Rugby - diese Variante feiert nächstes Jahr in Rio ihre olympische Premiere - sieht die Situation anders aus. „Wir sind immer noch ein Amateurverband und mussten zunächst einmal die Strukturen für eine olympische Sportart schaffen. Seit 2012 fließen sämtliche Fördermittel in das Siebener-Rugby. Diese Maßnahme trägt jetzt erste Früchte“, erläuterte Geschäftsführer Himmer. Rund 200 000 Euro pro Jahr erhält die Randsportart.

„Ich trainiere seit zweieinhalb Jahren mit rund 20 Spielern am Bundesstützpunkt Heidelberg. Die meisten sind Studenten“, berichtete Coach Kumm. Er ist kein Bundestrainer, sondern arbeitet auf Honorarbasis. Der Olympiastützpunkt Rhein-Necker hilft mit seiner Infrastruktur dem Projekt. Kumm kann auf Video-Analysen und auf einen Athletik- und Fitnesstrainer zurückgreifen.

Der Eppelheimer Unternehmer Hans-Peter Wild („Capri-Sonne“), der bereits in der Finanzkreise 2010/2011 dem DRV aus der Patsche half, unterstützt mit der von ihm gegründeten Wild Rugby Academy (WRA) den Aufschwung. Schwerpunkt seiner Aktivitäten sind aber das klassische Rugby. Zwischen beiden Varianten ist die Verzahnung in Deutschland noch groß. „Ein Teil unserer Siebener-Akteure spielt auch im 15er-Rugby“, berichtete Himmer.

Top-Nationen wie Australien, Neuseeland oder Frankreich haben sich längst spezialisiert. Zum Glück für den DRV sind sie bereits für Olympia qualifiziert. Beim Welt-Turnier in zehn Monaten, wo 16 Teams um das letzte Olympia-Ticket kämpfen, dürften Irland, Spanien oder Russland die härtesten Rivalen sein. Gegen die Russen kassierte die DRV-Auswahl am Sonntagabend in Lissabon mit 12:38 die einzige Niederlage. „Es wird schwer, aber eine Chance hat man immer“, sagte Nationaltrainer Kumm zu der letzten Olympia-Etappe.