Sorgen um Olympia: Hambüchen beklagt fehlenden Nachwuchs

Gießen (dpa) - Fabian Hambüchen gibt sich vor seiner Rekordjagd zuversichtlich, doch beim Gedanken an den Kampf um die Olympia-Tickets wird dem deutschen Vorturner etwas mulmig.

Foto: dpa

„Wir haben sehr viele Fragezeichen“, sagte Hambüchen vor dem Titelkampf am Wochenende in Gießen. Dort sollen einige lange verletzte Auswahl-Asse ihre Tauglichkeit für die Weltmeisterschaft Ende Oktober in Glasgow nachweisen.

Der Olympia-Zweite Marcel Nguyen muss nach seinem Kreuzbandriss noch sein Knie schonen und auf Sprung sowie Boden verzichten, Andreas Bretschneider stellt sich nach „Schnell-Heilung“ seines Achillessehnenabrisses erstmals vor, und Matthias Fahrig hofft nach einer Operation am Außenmeniskus und Schulterschmerzen wieder auf Anschluss. Zuvor hatte Lucas Dauser nach einer komplizierten Schulterverletzung seine Teilnahme an DM und WM absagen müssen.

„Wir haben ein Riesenproblem. So viele Einschläge hatten wir noch nie“, gestand Cheftrainer Andreas Hirsch. In Glasgow muss seine Riege unter die besten acht Teams kommen, um die direkten Olympia-Tickets zu lösen, was dem „Chef“ angesichts des beträchtlichen Trainingsausfalls die Sorgenfalten auf die Stirn treibt. „Trotz der vielen Baustellen: Wir haben keine Lust auf das Nachsitzen im April. Diese Unlust ist eine große Motivation“, meinte Hirsch. Und auch Hambüchen bleibt Optimist: „Wenn Marcel Nguyen und ich alles geben, können wir die anderen mitreißen.“

Weitere Motivation für die Jagd nach neuen Titeln gibt ihm seine neue Freundin Marcia, mit der er nach den Reck-Erfolgen bei den Europa-Spielen in Baku und der Universiade in Gwangju eine Woche auf Mallorca entspannte. „Wenn das Privatleben stimmt, macht doch alles noch mehr Spaß“, meinte der frisch verliebte Hambüchen. Im Vorjahr knackte er mit seinem 35. Titel den Rekord von Altmeister Eberhard Gienger, in Gießen will er diese Zahl zumindest um die Erfolge im Mehrkampf und am Reck aufstocken.

Neben der Verletztenmisere im Team hat Hambüchen die Nachwuchsentwicklung als derzeitiges Hauptproblem des deutschen Turnens ausgemacht. „Ich habe schon mit 15 den 'Großen' Druck gemacht. Heute stoßen kaum noch junge Turner in die Spitze“, beklagte der Hesse vor seinem Heimspiel. „Unser Grundproblem ist die Nachwuchs-Förderung. Das heißt nicht, dass kein Nachwuchs da ist. Aber er muss in das richtige Umfeld, zu den richtigen Trainern kommen“, wünscht sich Hambüchen und fordert: „Man sollte auch Trainer aus dem Ausland holen, weil es bei uns nicht genug gute Trainer gibt.“

Hambüchen selbst liegt voll im Plan. „Die Tendenz zeigt nach oben“, sagte der Ex-Weltmeister, der sich mit schwierigen Übungen in der Bundesliga schon bestens gerüstet für Glasgow vorstellte. Cheftrainer Hirsch möchte seine Ausnahmestellung belohnen und ihm möglicherweise bereits vor der zweiten WM-Qualifikation am 3. Oktober in Stuttgart das WM-Ticket zusagen. „Warum soll ich den Leuten, auf die ich nicht verzichten kann, nicht eine schnelle Rückendeckung geben?“, meinte Hirsch.