Südafrikas Fahnenträgerin Semenya: Politisches Signal
London (dpa) - Auszeichnung, Belohnung, Ehre: Die Fahnenträger bei Olympischen Spielen sind verdiente Sportler. Für Südafrika wird Caster Semenya die Flagge bei der Eröffnungsfeier in London tragen - ein politisches Zeichen.
Schließlich hatte die Debatte um die Überprüfung ihres Geschlechts durch den Leichtathletik-Weltverband IAAF weltweit für Aufsehen und in Südafrika für Empörung gesorgt. „Das ist alles Vergangenheit. Man muss sich auf die Zukunft konzentrieren“, sagte die heute 21-jährige 800-Meter-Läuferin, die das Tragen der Nationalfahne als „großes Privileg“ ansieht.
Bei den Weltmeisterschaften 2009 in Berlin hatte sie Gold über 800 Meter gewonnen. Angesichts ihres männlichen Aussehens kamen Zweifel an ihrem weiblichen Geschlecht auf. Die IAAF ordnete an, medizinisch zu überprüfen, ob sie Mann oder Frau ist und sperrte sie elf Monate für Wettkämpfe. Bis das Ergebnis der Untersuchung vorlag, wurde bis in intimste Details über den Teenager spekuliert. Erst am 6. Juli 2010 gab die IAAF bekannt, dass Semenya mit sofortiger Wirkung wieder bei den Frauen starten darf. Das Ergebnis des Geschlechtstest blieb bis heute geheim.
„Wir hatten einige Athleten im Blick, doch wir haben gefühlt, Caster würde die ideale Wahl sein“, sagte Rubby Reddy, Generalsekretär des Nationalen Olympischen Komitees Südafrikas (SASCOC). Auch Oscar Pistorius, der als erster an beiden Beinen amputierte Läufer bei den London-Spielen an den Start geht, sei ein Kandidat gewesen. „Wenn wir Oscar genommen hätten, dann hätten wir eine andere Theorie gehabt“, so Reddy.
„Caster ist ein absolutes Vorbild für alle in Südafrika“, SASCOC-Präsident Gideon Sam und fügte in Anspielung auf die große Kontroverse um ihr Geschlecht an: „Sie hat es auch unter größten Widrigkeiten bewiesen. Wir sind sicher, dass sie eine Inspiration für jedes einzelne Mitglied der olympischen Mannschaft ist.“
An die schlimme Zeit nach der WM 2009 will sie selbst nicht mehr denken. „Ich beschäftige mich nicht mehr damit“, meinte Semenya, die bei der WM 2011 in Daegu/Südkorea Silber gewonnen hat und an der Themse als Mitfavoritin über zwei Stadionrunden gilt. „Mein Plan ist der Olympiasieg, sonst nichts.“ Sollte ihr der Gold-Coup gelingen, würde sie ein weiteres starkes Zeichen setzen - allerdings ohne große Freudenausbrüche. „Ich bin nicht gut im Feiern, weil ich zu bescheiden bin“, sagte Caster Semenya. „Ich feiere lieber mit meinen besten Freunden in meinem Zimmer.“