100 Tage bis Olympia: London lädt die Welt ein
London (dpa) - 100 Tage vor den Olympischen Spielen hat sich die Gastgeberstadt London am Mittwoch so gezeigt, wie man es vermuten würde: mit Wind und Nieselregen und voller Selbstironie.
„Willkommen in einem windigen und verregneten London“ rief Organisationschef Sebastian Coe mit typisch britischem Humor der Welt zu. Zuvor hatte der britische Premierminister David Cameron mit Beiträgen in 77 Zeitungen in aller Welt für die Spiele geworben. Es soll die „größte Show der Welt“ werden. Sorgen um Sicherheit und Transport wischte die Regierung vom Tisch. „Wir gehen davon aus, dass alles klappt“, sagte Sportminister Jeremy Hunt.
„Wir werden fantastische Spiele in Großbritannien abliefern und 200 Nationen werden dabei sein“, sagte Coe am Mittwoch in London. 70 000 freiwillige Helfer bereiten sich derzeit vor, um „den Job ihres Lebens“ zu machen. 8000 Fackelläufer stehen bereit, um vom 19. Mai an das olympische Feuer 70 Tage lang über 8000 Meilen durch das Königreich zu tragen. „Das ist eine Gelegenheit, die man nur einmal im Leben hat“, sagte der 47 Jahre alte John Hamilton. Der in London lebende Schotte wird die Fackel am 23. Juli im Londoner Stadtteil Barking 300 Meter weit tragen.
„Die Stadt und das ganze Land sind in großartiger Verfassung“, sagte Coe, der 1980 in Moskau und 1984 in Los Angeles als Leichtathlet olympisches Gold über die 1500-Meter-Distanz gewonnen hatte. „Ich habe in meine alten Trainingstagebücher geschaut“, sagte er. „Zu diesem Zeitpunkt waren es noch 160 harte Trainingseinheiten.“ Die Spiele sollen vor allem für die mehr als 10 000 Athleten ein unvergessliches Erlebnis werden. Er stellte die Spiele von London unter das Motto „Inspire a generation“.
13 000 und damit die Hälfte aller Schulen in Großbritannien nähmen an einem Programm aus Anlass der Spiele teil, das Kindern den Zugang zum Sport ermöglichen soll. Der jamaikanische Sprintstar Usain Bolt kündigte indessen „etwas Spektakuläres“ für sein 100-Meter-Rennen am 5. August an - einen der Höhepunkte der Spiele. Vor der von Regisseur Danny Boyle unter dem Titel „Isles of wonder“ („Inseln der Wunder“) inszenierten Eröffnungsfeier am 27. Juli sollen die Militär-Kunstflugstaffel „Red Arrows“ über London fliegen, versprach Coe. Die Staffel war in den vergangenen zwölf Monaten durch zwei tödliche Unfälle in Verruf geraten.
Auch der Vorstandschef des olympischen Organisationskomitees (LOCOG), Paul Deighton zeigte sich mit den Vorbereitungen für die Spiele sehr zufrieden. „Es müssen noch 200 000 Sitzplätze installiert werden“, erklärte er. Dies gelte vor allem für die Wettkampfstätten, die bereits bestehen und für Olympia umfunktioniert werden müssen, wie Messehallen oder die Freiluft-Arenen, etwa für Beachvolleyball an der berühmten Horse-Guard-Parade. Dort formten am Mittwoch 260 Wachsoldaten mit Bärenfellmützen eine symbolische 100. In den königlichen Kew Gardens wurden olympische Ringe aus Blumen gepflanzt, die vom Flugzeug aus im Landeanflug auf Heathrow zu sehen sein sollen.
Deighton wies zudem darauf hin, dass die London-Spiele aus wirtschaftlicher Sicht bereits ein Erfolg seien. 6000 britische Vertragsfirmen hätten Verträge im Wert von 7,5 Milliarden Pfund abgeschlossen. Er ging damit auf die Skepsis vieler Briten ein, die die Kosten für den Steuerzahler für Olympia in Höhe von mindestens 9,3 Milliarden Pfund für zu hoch halten. Laut einer BBC-Umfrage sind 64 Prozent der Briten der Meinung, es werde zu viel Geld aus der Staatskasse für die Spiele genommen. „Ich bin nicht sonderlich überrascht“, so Coe. „Die wirtschaftliche Situation vor den Spielen ist weltweit so schlecht wie wahrscheinlich seit 1976 nicht mehr.“
Auch die Kritik, dass die Ticketvergabe nicht transparent genug verlaufe, prallte an den Verantwortlichen ab. „Zehn Prozent der britischen Bevölkerung werden in London dabei sein“, sagte der britische Kultur- und Sportminister Jeremy Hunter. Eine halbe Million Menschen würden zusätzlich täglich vor den landesweit 22 Public-Viewing-Leinwänden erwartet.