Ein Herz für den Nachwuchs: Harnisch hat viele Visionen
Berlin (dpa) - „Nur zu gerne!“ Henning Harnisch ist sofort Feuer und Flamme, als er hört, dass es um das Thema Nachwuchs im Basketball geht.
„Dafür habe ich immer Zeit, schließlich ist es leider nur selten ein Thema in der Öffentlichkeit.“ Seit er vor vier Jahren seinen Posten als Sportdirektor bei ALBA Berlin aufgegeben hat und beim Hauptstadtclub ins Amt des Vize-Präsidenten gewechselt ist, hat er sich voll und ganz der Jugendarbeit verschrieben. „Es gibt doch nichts Wichtigeres“, sagt der 46-Jährige.
Bei ALBA hat der Europameister von 1993 eine beeindruckende Grundschulliga ins Leben gerufen, wo die Kinder schon im jungen Alter an den Basketballsport herangeführt werden. Zudem ist er Botschafter der „kinder+Sport Basketball Academy“, die 2011 durch die Initiative „kinder+Sport“ ins Leben gerufen wurde und seitdem an den Standorten der Basketball-Bundesliga großen Zulauf hat. Inzwischen machen zehn BBL-Clubs bei der Aktion mit.
In den ersten drei Jahren haben mehr als 30 000 Kinder und Jugendliche im Alter von sieben bis fünfzehn Jahren den eigens entwickelten Trainingsparcours absolviert. Darin müssen sie Fähigkeiten in den Bereichen Dribbeln, Passen, Werfen und Koordination unter Beweis stellen, insgesamt gilt es sechs verschiedene Level zu erreichen.
Für Harnisch steht aber gar nicht die Suche nach dem nächsten Dirk Nowitzki im Vordergrund. In erster Linie geht es ihm bei allem, was er anstößt und vorantreibt darum, „die Kinder überhaupt dazu zu bringen, Sport zu treiben und sich zu bewegen“. Springen dabei dann Talente für die Nachwuchsteams der Clubs heraus - um so besser. „Schließlich ist Basketball ein fantastischer Sport.“
Doch um sich als Sportart hinter dem in Deutschland alles an den Rand drängenden Fußball zu etablieren, bleibt noch viel zu tun. Obwohl die BBL mit der Einführung von JBBL und NBBL sowie verpflichtenden Standards wie der Beschäftigung von zwei hauptamtlichen, lizenzierten Nachwuchstrainern bereits einiges auf den Weg gebracht hat.
Vor allem im Zusammenspiel zwischen Schule und Verein sieht Harnisch eine Schlüsselrolle für die Zukunft. „Die Kinder sind heute zwischen 8.00 und 16.00 Uhr in der Schule, haben quasi eine 40-Stunden-Woche. Da bleibt nicht mehr viel Zeit“, meint Harnisch. Man müsse die Vereine in die Schule einbinden, das Verhältnis zwischen Lehrern, Erziehern und Trainern neu definieren. „Die Arbeit mit Jugendlichen im Sport ist leider noch kein Berufsbild“, sagt der studierte Kulturwissenschaftler.
In Berlin hat Harnisch das ALBA-Projekt in dieser Hinsicht schon weit vorangebracht, der Club unterhält drei Schulvereinsmannschaften, die sich am Wochenende mit traditionellen Vereinsteams messen. Im kommenden Schuljahr werden es sogar zehn sein.
Der deutsche Sport also auf dem Weg zum College-System nach US-Vorbild? „Nein, ganz und gar nicht. Es geht auf keinen Fall darum, den Vereinssport abzuschaffen. Wir müssen ihn nur den neuen Gegebenheiten anpassen“, sagt Harnisch. Dass das bei den oftmals fest gefahrenen Strukturen in Deutschland noch ein langer Weg ist, weiß er. Doch seinen Enthusiasmus lässt er sich davon nicht nehmen. „Es ist ein Luxus, in diesem Bereich arbeiten zu dürfen.“