Keine Angst vor Zeit nach Nowitzki

Vilnius (dpa) - Deutschlands Basketball ohne Dirk Nowitzki? Das scheint kaum vorstellbar, vor allem in diesem Sommer, wo der Hype um den NBA-Champion keine Grenzen kennt. Auch in Litauen prangt das Gesicht des Superstars von unzähligen Plakaten und Werbebanden.

Basketball in Deutschland - das ist Nowitzki. Doch das Ende seiner Ära rückt immer näher. Egal, ob der Würzburger nun nach dieser EM seinen Abschied aus dem Nationalteam verkündet oder erst in einigen Jahren, wenn auch seine Profikarriere bei den Dallas Mavericks endet.

Aber ist der Verband auf die Zeit ohne seinen Vorzeigeathleten überhaupt vorbereitet? „Ja, auf jeden Fall“, behauptet Bundestrainer Dirk Bauermann. „Vor einigen Jahren hätte ich mir richtig Sorgen um den deutschen Basketball gemacht, doch nun kommen viele gute Jungs nach“, sagt Bauermann, dessen Zeit beim Nationalteam spätestens im kommenden Jahr endet. „Die Arbeit im Nachwuchsbereich trägt immer mehr Früchte“, sagt der 53-Jährige und verweist neben der Generation von Robin Benzing und Tibor Pleiß auf Spieler wie US-College-Meister Niels Giffey, Mathis Mönninghoff oder Patrick Heckmann. Bei der U-20-EM in diesem Jahr belegten sie gemeinsam einen starken fünften Platz. „Es ist Druck im System und das ist gut so“, sagt Bauermann.

Als Fixpunkt auf dem Weg in eine erfolgreiche Zukunft soll die Europameisterschaft 2015 dienen. Jahrelang wurde dem Deutschen Basketball Bund (DBB) vorgeworfen, er habe es versäumt, in der Zeit des Nowitzki-Booms eine Großveranstaltung nach Deutschland zu holen. Nun bemüht sich Verband um die Austragung der EM in vier Jahren, auch wenn das Konzept auf den ersten Blick sehr merkwürdig anmutet.

Gemeinsam mit gleich drei weiteren Nationen kämpft der DBB um die Veranstaltung. Frankreich, Italien und Kroatien sind mit im Boot, Ukraine und Spanien als Einzelbewerber die Konkurrenten. „Das wird eine Riesensache, die Hallen werden voll sein“, schwärmt DBB-Präsident Ingo Weiss von der ungewöhnlichen Idee. Vor einigen Jahren wollte Weiss die EM noch alleine nach Deutschland holen, danach wurde zunächst nur Frankreich als Partner präsentiert.

Warum jetzt noch zwei weitere Mit-Veranstalter? „Eine EM mit 24 Teams zu veranstalten ist eine gewaltige Aufgabe“, sagt Weiss. Rund 37 Millionen Euro kostet das Projekt, seitdem der europäische Verband das Feld in diesem Jahr aufgebläht hat. Und seit die Bundesregierung keine Garantien für sportliche Großveranstaltungen mehr übernehmen will, woran etwa die Ryder-Cup-Bewerbung der Golfer scheiterte, ist es für kleinere Verbände schwer geworden, Europa- oder Weltmeisterschaften nach Deutschland zu holen.

Erhält das Quartett am 18. Dezember den Zuschlag, würde eine der vier Vorrunden-Gruppen in Berlin gespielt. Die anderen drei in Zagreb, Mailand und Straßburg. Die Zwischenrunden sind in Köln oder Düsseldorf sowie Dünkirchen oder Lyon geplant, die Endrunde dann in Paris. Doch macht eine EM ohne Finale in Deutschland Sinn? „Ich kenne die Kritik, doch man muss auch sehen, was machbar ist. Durch dieses Konzept sind unsere Chancen von 30 auf 70 Prozent gestiegen“, sagt Weiss.

Für den Neuaufbau nach Nowitzki ist die EM 2015 auf jeden Fall von großer Bedeutung. Mit dem noch zu suchenden Bauermann-Nachfolger soll eine Mannschaft geformt werden, die eine realistische Chance hat, sich bei der Teil-Heim-EM für die Olympischen Sommerspiele 2016 in Rio de Janeiro zu qualifizieren. „Das macht den deutschen Basketball auch ohne Nowitzki für viele Trainer interessant“, meint Weiss. „Von daher ist mir um den deutschen Basketball nicht bange.“