Korbjäger im Spagat zwischen EM und Erfahrung

Neu-Ulm (dpa) - Andächtig schauten die deutschen Basketballer zur Videoleinwand. Mit leuchtenden Augen beobachteten Heiko Schaffartzik und Co. beim Supercup die magischen Bilder vom EM-Triumph 1993 und gratulierten nach der Ehrung in Neu-Ulm den damaligen Helden um Hansi Gnad.

Nicht nur den größten Erfolg des Nationalteams, sondern auch die Gegner des EM-Sommers kannte ein Großteil der aktuellen Generation bislang höchstens vom Bildschirm. „Jeder von uns guckt sich Euroleague-Spiele an und staunt auf welchem Niveau die spielen“, sagte Bundestrainer Frank Menz nach dem sieglosen Auftritt beim Vorbereitungsturnier auf die Euro (4. bis 22. September) in Slowenien. „Und heute spielen wir selbst gegen die Jungs richtig gut mit.“

Wie ein beschützender Vater stemmte sich der neue Coach anderthalb Wochen vor dem EM-Start gegen Frankreich gegen jeden Anflug von kritischen Tönen über sein Team. Auch bei der 16-Punkte-Niederlage gegen Griechenland zum Abschluss habe sich dieses „großartig aus der Affäre“ gezogen: „Die Mannschaft hat sehr viel gelernt.“

Im schwierigen Spagat zwischen sofortigem Erfolgsstreben und perspektivischer Arbeit setzt der Deutsche Basketball Bund voll auf die langfristige Entwicklung - notgedrungen: Ohne „alte Korsettstangen“ (DBB-Präsident Ingo Weiss) wie Dirk Nowitzki, Chris Kaman oder Jan Jagla sowie die jungen NBA-Talente Dennis Schröder und Elias Harris wird schon das Erreichen der Zwischenrunde in Slowenien nicht als Pflichtübung angesehen.

„Wir bauen eine neue Generation auf, da kann ich nicht sagen, ich will von heute auf morgen Erfolg haben auf Teufel komm raus“, bekräftigte Weiss am Rande des Supercups. „Wir wollen mit dieser Mannschaft das Ziel Olympische Spiele 2016 erreichen.“ Dafür ist erst die Europameisterschaft 2015 in der Ukraine maßgeblich.

Neben Erfahrung und Abgeklärtheit fehlt es den DBB-Korbjägern bislang auch noch an Athletik. „Elias Harris und Dennis Schröder sind sicher Spieler, die sich im Eins gegen Eins immer durchsetzen können“, urteilte Menz. Die beiden Youngsters hatten angesichts der Vorbereitung auf ihre jeweils erste Saison in der nordamerikanischen Profiliga den EM-Sommer ausgelassen, wollen jedoch in der Zukunft für die Nationalauswahl zur Verfügung stehen. „Dann wird die Mannschaft auf einem anderen Level spielen können“, sagte Menz voller Hoffnung. Nicht auszuschließen, dass sich mit der Perspektive seiner zweiten Olympia-Teilnahme in Rio dann auch Superstar Nowitzki noch einmal für einen Euro-Einsatz locken lässt.

Derlei Zukunftsüberlegungen verbannt das derzeitige Team allerdings aus ihren Gedanken. „Es ist nicht immer so einfach, wenn man mitkriegt, dass es eigentlich darum geht, in zwei, drei, vier Jahren konkurrenzfähig zu sein“, meinte der Ulmer Aufbauspieler Per Günther auf dem Weg in zwei freie Tage vor der EM-Generalprobe in Bamberg am Freitag gegen Schweden. Die Erwartungen seien nicht hoch, aber: „Für einen Sportler bringt es nichts zu sagen: Dieses Jahr ist es gar nicht so wichtig, irgendwann kommen gute Leute hoch, dann sind wir eine schlagkräftige Truppe. So denken wir nicht.“ Um selbst in Slowenien erinnerungswürdige Bilder zu produzieren.