Korbjäger wollen Frankreichs „Giganten“ stürzen
Ljubljana (dpa) - Bei ihrer Mission impossible gegen EM-Mitfavorit Frankreich schrecken Deutschlands Basketballer vor den „Giganten“ um NBA-Superstar Tony Parker nicht zurück.
Mit einem couragierten Auftritt zum Auftakt will das junge Team von Bundestrainer Frank Menz auch ohne Dirk Nowitzki Schwung für die Euro aufnehmen und setzt auf seine Mini-Chance. „Selbst wenn man von 100 Duellen nur drei gewinnen würde, vielleicht ist der Tag am Mittwoch“, meinte Menz hoffnungsvoll vor der Partie in Ljubljana.
Doch auch der neue Coach weiß, dass nach zahlreichen Absagen der etablierten Stars wie Nowitzki, Chris Kaman und Co. ein Starterfolg vor den Duellen gegen die Konkurrenz auf Augenhöhe einer Sensation gleichkommen würde. „Die Franzosen sind nicht unser Gegner, den wir schlagen müssen, sondern wir wollen andere Spiele gewinnen“, betonte Menz mit Blick auf die Vorrundenpartien gegen Belgien, Ukraine, Großbritannien und Israel. „Vielleicht können wir den Giganten etwas ins Wanken bringen“, meinte das 22 Jahre alte Collegetalent Niels Giffey aber verschmitzt lächelnd nach dem ersten Training.
Vor knapp einem Monat setzte es noch zwei vergleichsweise knappe Testspiel-Niederlagen gegen den Vize-Europameister von 2011. „Die Franzosen sind jetzt noch viel stärker“, erläutert Menz seine Erkenntnisse des Videostudiums. „Sie sind jetzt komplett, haben ihre NBA-Spieler hier, sind eingespielt. Individuell sind sie top, athletisch sind sie überragend bei der Europameisterschaft.“
Vor allem geben sich die Franzosen zum Start ihrer Titeljagd aber extrem entspannt. Mit einem Rucksack schlurfte Parker am Dienstag über die schweren Teppiche im noblen Plaza Team-Hotel. Frankreichs „Schlüsselspieler“ (Menz) begutachtete wohlwollend die Biografie, die ihm ein Journalist überreichte.
„Sie sind ein sehr junges, gefährliches Team und haben viele Schützen“, warnte der Aufbauspieler vor einem Ausrutscher gegen Deutschland. „Es ist schwierig, auf so eine Mannschaft gleich im ersten Spiel zu treffen, es kann alles passieren.“ Obwohl der 31-Jährige nach dem Training mit dickem Eispaket am Knie davonhumpelte, steht seinem Einsatz laut eigener Aussage nichts im Weg.
Als später das deutsche Team das Parkett der Tivoli Arena zum ersten Training betrat, rümpfte nicht nur Kapitän Heiko Schaffartzik („Es stinkt“) kurz die Nase. Baumarktgeruch mit der Mischung aus Teppichkleber und Spanplatten durchzieht noch die Halle. Ähnlich akribisch wie die Arena-Arbeiter kurz vor Turnierstart bastelte auch Menz diesen Sommer an seinem Kader. Ohne Nowitzki, die weiteren vier NBA-Profis sowie erprobte Kräfte wie Jan Jagla bringt der neue Coach acht EM-Debütanten aufs Parkett, stellt nach Serbien, der Ukraine und Georgien die viertjüngste Auswahl des kompletten Turniers.
„Ich erwarte, dass wir gut spielen und kämpfen und vielleicht die ein oder andere Überraschung einfahren“, erklärt Verbandspräsident Ingo Weiss die Turnierziele im Schatten des Radikalumbruchs und will auch das Überstehen der Gruppenphase „nicht als Pflicht ansehen. Wir können mit dieser Mannschaft die Vorrunde überstehen, wir können aber auch scheitern.“
Die Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2014, die bei der Euro den ersten sechs Teams neben WM-Gastgeber Spanien gelingt, ist vorerst nur ferne Utopie. „Wir sind uns einig, dass wir uns in jedem Spiel eine Siegchance erarbeiten können. Dann liegt es an uns, die zu nutzen oder halt nicht“, sagte Schaffartzik allerdings.
Den Einzug in die Zwischenrunde traut aber auch der frühere Bundestrainer Dirk Bauermann seinem Ex-Team zu. „Im Grunde sind es vier Mannschaften, die schlagbar sind“, analysierte der Coach, der mit Polen am Mittwoch in Celje gegen Georgien in die EM startet, und unterstützt die Giganten-Theorie: „Die Franzosen sind noch eine ganz andere Geschichte, im ersten Spiel sind sie aber auch vielleicht schlagbar.“