NBA-MVP Kevin Durant: Tränen auf dem Thron
Oklahoma City (dpa) - Kevin Durant sah nicht aus wie jemand, der auf dem Basketball-Feld allen anderen etwas vormacht und schlichtweg der Schrecken jeder Verteidigung ist.
Als der 25-jährige Ausnahmespieler der Oklahoma City Thunder erstmals zum wertvollsten Spieler der Profi-Liga NBA gewählt wurde, gab es vor allem Tränen und einen tiefen, ehrlichen Einblick in ein bewegtes Leben. Durant schniefte und schluchzte, als er Trainern, Teamkollegen und vor allem seiner Mutter, Wanda Pratt, dankte. Sie habe ihn immer wieder angetrieben, als er mit dem Basketball aufhören wollte, sagte Durant.
Im blauen Anzug und weißem Hemd stand der 2,06 Meter große Amerikaner vor dem Podium in der alten Thunder-Trainingshalle und rückte immer wieder seine Brille hin und her. Er sei eigentlich ein guter Redner, betonte Durant, doch diesmal sei er nervös.
Seine Mitspieler saßen schräg hinter und mehrere hundert Zuschauer vor ihm. In den beiden Vorjahren war er bei der Abstimmung der Journalisten jeweils Zweiter hinter LeBron James geworden. Jetzt hat der Flügelspieler die Prinzenrolle abgelegt und King James von Meister Miami Heat überholt. „Großen Respekt für ihn, er hat es verdient. Er hatte eine gewaltige MVP-Saison“, twitterte James, der Zweiter wurde.
„Er ist in der Vorrunde der konstanteste Spieler gewesen. Er hat uns dorthin gebracht, wo wir jetzt sind und gezeigt, dass er der beste Basketballer der Welt ist“, betonte Mitspieler Russell Westbrook. Als der Spielmacher mehrere Wochen mit einer Knieverletzung ausfiel, lud Durant die extra Last auf seine Schultern. OKC gewann 20 von 27 Spielen, Durant erzielte im Schnitt unglaubliche 35 Punkte.
In seiner siebten NBA-Saison hatte er in 41 aufeinanderfolgenden Spielen mindestens 25 Punkte geworfen, somit den drittbesten Wert der NBA-Geschichte aufgestellt und selbst Michael Jordan übertroffen. In 14 Partien gelangen ihm gar 40 Zähler oder mehr. Durants Trefferquote lag bei herausragenden 50,3 Prozent, seine Durchschnittspunktzahl betrug 32.
Trotz seiner starken Leistungen ist der Olympiasieger und Weltmeister im Show-Business NBA ein stiller Star. Die großen NBA-Bühnen sind in New York, Miami oder Los Angeles - Durant hingegen fühlt sich in Oklahoma City wohl, einer 600000 Einwohner-Stadt mitten in Amerika. Hier gibt es keinen Broadway, kein Hollywood und auch keinen South Beach - und genau deshalb gefällt es Kevin Wayne Durant hier. „Dies ist der perfekte Ort für mich.“
Obwohl er jetzt einer der Superstars der Liga und Multi-Millionär ist, hat Durant seine Herkunft nicht vergessen. Seine Mutter war gerade 21 Jahre alt, als sie ihn und seinen Bruder Tony alleine aufziehen musste. Die Familie zog oft im Großraum Washington um. Doch nirgendwo war sie richtig willkommen. Eine seiner schönsten Erinnerungen an jene Zeit, so Durant, sei, als die Drei in ihr erstes Appartement einzogen. „Kein Bett, keine Möbel. Wir saßen einfach im Raum und haben uns umarmt, weil wir dachten, dass wir es geschafft hatten.“
Durant brach in Tränen aus, als er diesen Einblick in sein Leben gab, seine Mutter weinte ebenfalls hemmungslos. „Es ist kaum anzunehmen, dass es jemals wieder eine solch bewegende Dankesrede geben wird, wie diese“, schrieb die Tageszeitung „USA Today“.