San Antonio führt in NBA-Finals - Parker-Show
Miami (dpa) - LeBron James zog sich sein weißes Trikot aus der Hose und verschwand mit versteinertem Blick in den Katakomben. Matchwinner Tony Parker gab hingegen nach seiner artistischen Glanzeinlage noch auf dem Parkett in Miami sein erstes Siegerinterview.
Dank der Gala des Franzosen gewannen die San Antonio Spurs das Auftaktspiel in den NBA-Finals mit 92:88 bei Titelverteidiger Miami Heat. Parkers Jubel fiel dennoch eher bescheiden aus, vielmehr hob er hervor, dass man natürlich auch ein bisschen Glück brauche.
Gemeint war jene entscheidende Szene, die knapp 30 Sekunden vor Schluss in der American-Airlines-Arena begann. San Antonio lag 90:88 vorne, als es zum Duell der beiden Topstars der nordamerikanischen Basketball-Profiliga kam. Parker, der flinke Spielmacher, 1,88 Meter groß, 84 Kilogramm schwer, dribbelte mit dem Ball Richtung James, der ihn um 15 Zentimeter überragt und fast 30 Kilo schwerer ist.
Der Amerikaner machte seine Sache gut, zumal Parker wegrutschte, mit dem linken Knie schon auf dem Boden war, dann jedoch blitzschnell wieder hochkam, sich um James herumdrehte und mit Ablauf der 24 Sekunden-Wurfuhr traf. 5,2 Sekunden waren noch zu spielen, 92:88 führte San Antonio. „Das war ein verrückter Spielzug. Ich hatte den Ball quasi schon dreimal verloren und wollte dann nur noch werfen. Letztlich war es ein großer Wurf“, meinte Parker. „Ich hatte ihn eigentlich schon, aber dann ist er unter meinem Arm vorbeigezogen und hat getroffen“, schilderte James die Szene, in der er seine Hand in der Wurfbewegung zunächst schon auf dem Ball hatte. Parker reagierte jedoch geistesgegenwärtig und stahl James die Show.
Der viermalige wertvollste Spieler der NBA kam diesmal nur auf 18 Punkte, so wenig wie noch nie in diesen Playoffs. Auch seine 18 Rebounds und zehn Assists heiterten ihn nicht auf. Vielmehr ärgerte sich James über den Auftritt seines Teams im vierten Viertel. Mit einer 72:69-Führung ging der Meister in den Schlussabschnitt. „Aber wir hatten dann fünf Ballverluste und haben in der Offensive wichtige Rebounds abgegeben - sowas kannst du dir nicht erlauben“, so der 28-Jährige. Miami traf in den letzten zwölf Minuten nur fünf seiner 18 Versuche, hatte eine miserable Wurfquote von 27,8 Prozent. James und Dwyane Wade brachten es zusammen auf sechs Zähler, Parker allein erzielte in dieser Phase für die Gäste zehn Punkte.
„Die Spurs haben im vierten Viertel ihre Angriffe hervorragend ausgespielt, die Heat nicht - deshalb haben sie verloren“, meinte TV-Experte Earvin Magic Johnson. San Antonio hat somit auch im fünften Finale der Vereinsgeschichte das Auftaktmatch gewonnen. Neben Parker, der 21 Punkte erzielte, zeigte Tim Duncan eine starke Leistung. Der 37-Jährige, der wie Trainer Gregg Popovich bereits bei den Meisterschaften 1999, 2003, 2005 und 2007 dabei war, steuerte 20 Punkte und 14 Rebounds zum Sieg bei. „Egal ob man uns als alt oder erfahren bezeichnet, wir wollen Meister werden und es ist schön, dass wir einen so guten Auftakt hatten“, so Duncan.
San Antonio spielte nach zehntägiger Pause konzentriert und war vor allem zum Ende mental stärker. Mit nur vier Ballverlusten stellten die Texaner den NBA-Rekord für die Finals ein und kamen zum siebten Sieg nacheinander in den Playoffs. Miami hingegen war die kräftezehrende Halbfinalserie über sieben Spiele gegen Indiana noch anzumerken. Erst 70 Stunden zuvor hatten die Heat sich die Pacers bezwungen. Den zum Ende hin ziemlich leisen Miami-Fans bleibt ein Blick auf die Statistik als Trost. Seit Beginn der James-Ära 2010 hat das Team dreimal das Auftaktspiel in den Playoffs verloren - die Serie aber anschließend jeweils mit 4:1 gewonnen.
Allerdings besagt eine andere Bilanz, dass der Sieger der ersten Partie bislang zu 71 Prozent Meister wurde. Magic Johnson spricht zwar noch nicht von einer Vorentscheidung im Titelkampf, fand aber klare Worte: „Mir ist bange um Miami, denn sie haben ein gutes Spiel gemacht und trotzdem verloren. Ich denke die Spurs sind jetzt der Favorit, denn sie können noch besser werden, Miami hingegen meiner Meinung nach nicht.“