Nowitzki und Co.: Mühsamer Integrationsprozess
Bamberg (dpa) - Die Euphorie um NBA-Champion Dirk Nowitzki ist weiter riesengroß. Doch wer gedacht hätte, mit der Ankunft des Superstars wird die Basketball-EM ein Selbstläufer, der sieht sich getäuscht.
„Ich glaube, die Leute, die das sagen, haben in den vergangenen Jahren nicht viel Basketball geschaut“, meinte Nowitzki zu Umfragen, die die deutsche Nationalmannschaft für die Europameisterschaft in Litauen (31. August bis 18. September) auf den Favoritenschild heben.
Beim Supercup in Bamberg wurde am Wochenende deutlich, wie recht der 33-Jährige mit seiner skeptischen Einschätzung hat. Dem hart erkämpften 71:65-Sieg gegen Belgien folgte am Samstag eine ernüchternde 56:69-Klatsche gegen Griechenland. „Das Spiel hat gezeigt, dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben“, sagte Nowitzki.
In der Tat läuft im deutschen Team eineinhalb Wochen vor dem EM-Auftakt gegen Israel längst noch nicht alles rund. Nowitzki wirkte nach seiner Mini-Pause von nur drei Wochen müde und meilenweit von seiner Bestform entfernt, NBA-Kollege Chris Kaman auf dem Parkett phasenweise wie ein Fremdkörper. „Diese Mannschaft braucht Geduld“, appellierte Bundestrainer Dirk Bauermann.
Gebetsmühlenartig versucht der Nationalcoach dem seit Nowitzkis Zusage elektrisierten Umfeld zu verdeutlichen, wie mühsam der Weg in den kommenden Tagen sein wird. „Mit dem Kommen von Dirk und Chris haben wir nicht nur bei Null begonnen, wir haben sogar zwei Schritte zurück gemacht“, meinte Bauermann. Schließlich hatte der Rest der Mannschaft bereits dreieinhalb Wochen Vorbereitung hinter sich und mit dem Turniersieg in der Türkei aufhorchen lassen. „Da hat man gesehen, dass wir schon drei Jahre zusammenspielen. Jetzt sind wir eine völlig andere Mannschaft“, meinte Kapitän Steffen Hamann.
Plötzlich ist alles wieder neu, müssen Systeme und Laufwege neu einstudiert werden. „Wir müssen eine neue Identität entwickeln. Die Jungs müssen lernen, Dirk und Chris ins Spiel zu bringen und die Beiden müssen lernen, den anderen Spielern zu vertrauen“, versuchte Bauermann das Dilemma zu erklären, das für viele Außenstehende nicht so recht nachzuvollziehen ist.
Mit Nowitzki, dem MVP der Finalserie gegen die Miami Heat, muss es doch einfach klappen, dachten die meisten der insgesamt knapp 20 000 Zuschauer, die an den drei Supercup-Tagen in die Bamberger Stechert Arena kamen. Doch das German Wunderkind tat sich noch schwer.
War der Blondschopf gegen Belgien mit 18 Punkten noch bester Werfer, musste er sich gegen die Griechen mit für ihn mickrigen elf Zählern zufriedengeben. Nur 4 seiner 14 Würfe aus dem Feld trafen ins Ziel. US-Boy Kaman war gegen die starken Griechen, die den Supercup zum dritten Mal gewannen, zwar mit 15 Punkten bester Werfer, der 29 Jahre alte Center hat aber auch noch Luft nach oben.
Dafür machten die jungen Spieler erneut auf sich aufmerksam. Phasenweise stand mit Heiko Schaffartzik, Per Günther, Robin Benzing, Philipp Schwethelm und Tibor Pleiß eine ganz unerfahrene Garde auf dem Parkett, die gerade einmal auf ein Durchschnittsalter von 23 Jahren kam. „Das haben die Jungs gut gemacht“, lobte Bauermann, der den holprigen Verlauf des Supercups nicht überbewerten wollte. „Das ist Teil eines natürlichen Prozesses“, beschwichtigte der 53-Jährige.