Box-Champion Sturm nur remis: „frustrierend“

Mannheim (dpa) - Superweltmeister Felix Sturm fühlt sich um den Sieg betrogen, bleibt aber Titelträger im Profiboxen. Das von den Punktrichtern errechnete Unentschieden gegen den Briten Martin Murray in Mannheim brachte den Mittelgewichtschampion der WBA in Rage.

„Es ist frustrierend, wenn solche Urteile kommen. Ich war der bessere Mann“, klagte der Kölner. „Ich bin maßlos enttäuscht. Sehr schade für das Boxen.“ Die drei Punktrichter aus Frankreich, den USA und Kanada werteten 116:112 für Sturm, 115:113 für Murray und 114:114. Bei einem Patt der Jury-Stimmen behält der Champion grundsätzlich seinen Titel. Dennoch waren die knapp 10 000 Zuschauer empört und pfiffen. Tatsächlich hatten die meisten Beobachter den 32 Jahre alten Kölner als knappen Sieger gesehen.

„Das war vermutlich eine Retourkutsche für den letzten Kampf“, meinte Trainer Fritz Sdunek. Im vorangegangenen Duell gegen Murrays Landsmann Matthew Macklin gut fünf Monate zuvor hatte Sturm einen äußerst umstrittenen Punktsieg errungen, den selbst aktive wie ehemalige Box-Größen als Fehlurteil werteten. „Der Kampf gegen Macklin war enger als heute“, beteuerte Sdunek. „Diesmal war es ein Sieg mit zwei Runden Vorsprung.“

Positiv: Die Zuschauer sahen eine ausgeglichene und deshalb bis zum Schluss spannende Auseinandersetzung. Negativ: Sturm gelingt es nicht mehr, seine frühere Extraklasse abzurufen. Als Superweltmeister ist er nicht irgendwer, sondern Chef im WBA-Mittelgewicht. „Gegen die Besten der Welt boxen zu wollen und sich dann gegen den Dritten aus England so einen abzuquälen - das bedarf keiner weiteren Kommentare“, befand Ex-Weltmeister Sebastian Zbik aus Schwerin. In seiner Heimat ist Murray nur dritte Kraft im Mittelgewicht, in der unabhängigen Weltrangliste gar nur 32.

Statt sich den Attacken des Rivalen durch Leichtfüßigkeit zu entziehen, blieb Sturm stehen und kassierte reichlich. Entsprechend verbeult mit rotem Horn an der linken Braue sah er anschließend aus. „Er nimmt einfach zu viele Schläge“, meinte Ex-Schwergewichtler Axel Schulz, der zuvor als kritischer Co-Kommenatator bei Sat.1 ausgebootet und durch den früheren Weltmeister Marcus Beyer ersetzt worden war. Gegen einen Rivalen mit Punch, also K.o.-Schlag in den Fäusten, wäre Sturm vermutlich nicht über die Runden gekommen. Seine Stärke war es einst, mit ausgefeilter Technik Rivalen auszuboxen.

Als Superchampion, zu dem ihn die WBA im März 2010 geschlagen hat, durfte er die Gegner für bislang vier Titelverteidigungen allesamt selbst aussuchen. Die erste Pflichtverteidigung ist überfällig: ein Duell gegen den WBA-Weltmeister Gennadi Golowkin aus Kasachstan, der ihm seit Monaten hinterherrennt. „Mal sehen, was die WBA entscheidet“, meinte Sturm. In dem Verband geht es ohnehin drunter und drüber, schließlich existiert neben Superchampion Sturm und Weltmeister Golowkin auch noch Interimsweltmeister Hassan N'Dam N'Jikam aus Frankreich. „Ich bin für alle bereit, auch für Golowkin“, behauptete Sturm.