Revanche zum Jahresstart Brähmer verliert WM-Titel: K.o.-Niederlage gegen Cleverly
Neubrandenburg (dpa) - Jürgen Brähmer kam nur bis zur Halbzeit. Der Profiboxer stand von seinem Schemel in der Ringecke auf, deutete auf seinen rechten Ellenbogen und gab den WM-Kampf vor Beginn der siebten Runde auf.
„Nein, es geht nicht mehr“, teilte der 37-Jährige seinen verdutzten Betreuern mit. Kurze Schockstarre im voll besetzten Jahnsportforum in Neubrandenburg. Dann sprang Nathan Cleverly in die Luft - der smarte Waliser war neuer Weltmeister im Halbschwergewicht nach Version der WBA. Zu diesem Zeitpunkt lag er auf den Punktzetteln hinten.
„Das war's noch nicht. Es gibt ein Rematch“, kündigte Brähmer an und sein Management nannte bereits Januar oder Februar 2017 als Termin. Der Kampf soll in Deutschland stattfinden. „Mir gingen tausend Gedanken durch den Kopf. Dann hat die Vernunft gesiegt, die Verletzung hätte schlimmer werden können“, schilderte der Ex-Champion seine Gefühlswelt vor dem Abbruch.
Bis zum abrupten Ende hatten sich beide Boxer vor fast 5000 Zuschauern einen packenden Schlagabtausch in einem Höllentempo geliefert. Brähmer traf härter und gezielter, der niemals erlahmende Cleverly, der von 2011 bis 2013 schon einmal Weltmeister war, häufiger. Die Juroren hatten den seit 2013 amtierenden Titelverteidiger und Lokalmatador mit zwei Runden Vorsprung vorne.
Cleverly erschien zur Pressekonferenz mit freiem Oberkörper, noch im Kampfdress. Seine blonde Begleitung himmelte ihn an, sein Manager Eddie Hearn machte Selfies. „Verletzung oder nicht: Natürlich ist das ein richtiger Sieg. Ich habe ihn gebrochen. Mein Stil und Kampfgeist waren nichts für Brähmer“, sagte der neue Weltmeister, dessen Physis alles zu erdrücken schien.
Er sprach von einer Wachablösung: „Ich wollte, dass er in der ersten Kampfhälfte mit seinen 37 Jahren an sein Limit muss. Das ging auf. In der zweiten Halbzeit hätte ich mein Werk im Ring vollendet“, meinte der acht Jahre jüngere Waliser, der jeden kassierten Treffer doppelt zurückgab - allerdings in softerer Form. In den vergangenen fünf Jahren sollte Cleverly schon zweimal gegen den Schweriner boxen. „Ich wollte den Sieg so sehr. Ich habe in den vergangenen Jahren an nichts anderes gedacht“, sagte der Waliser.
Mit der Kampf-Analyse Cleverlys stimmte der entthronte Titelträger natürlich nicht überein: „Mit diesen Schlägen kann man niemanden brechen - mich schon gar nicht.“ Sein neuer Trainer Conny Mittermeier behauptete: „Jürgen hätte den Kampf vorzeitig gewonnen“. Sein Kollege Ulli Wegner als Ringgast urteilte wie die Punktrichter: „Brähmer hat zu Recht vorne gelegen.“ Noch in der Nacht ließ sich der Ex-Weltmeister zur genaueren Untersuchung zu einem befreundeten Arzt nach Schwerin chauffieren.
Die unerwartete Niederlage traf Brähmers Sauerland-Boxstall, der jetzt in dem Halbmittelgewichtler Jack Culcay nur noch einen Weltmeister stellt, auf dem falschen Fuß. Die Verhandlungen um die Fortsetzung des TV-Vertrages mit Sat.1 gehen gerade ins Finale. Die Ereignisse in Neubrandenburg hätten keinen Einfluss auf die Entscheidung, ließ Sat.1-Sprecher Alexander Rösner wissen.
Quasi zur Beruhigung der Gemüter war auch sofort wieder die Rede vom nächsten Titelkampf am 4. November mit Herausforderer Tyron Zeuge. In seiner Ecke wird Brähmer stehen - als Trainer.