Klitschko - Haye: Fäustewirbel nach Verbalschlacht
Hamburg (dpa) - Mega-Fight, Kampf des Jahres, Duell der Giganten - die Box-WM zwischen den Titelträgern Wladimir Klitschko und David Haye in Hamburg wird in schillernden Superlativen gepriesen. Die Veranstalter schrecken selbst vor dem martialischen Kampfnamen „The War“ (Krieg) nicht zurück.
Das Duell am Samstag in der Fußballarena des Hamburger SV ist zweifellos das spannendste im Schwergewicht seit Jahren. Und das mit Sicherheit lautstärkste im Vorfeld. Haye hat verbal so aggressiv auf den smarten Ukrainer eingeprügelt, dass jeder fragt: Große Klappe - und auch was dahinter?
Die Erfolgsstatistik von Großmaul Haye hat zwar nicht das Maß der Klitschko-Meriten, aber in dem 30-jährigen Briten steckt nicht nur verbaler Dampf: 26 Kämpfe, 25 Siege, 23 Knockouts.
2008 war der Londoner mit den Rastazöpfen Dreifach-Weltmeister im Cruisergewicht, fand keine Rivalen mehr und stieg ins Schwergewicht auf. Schon damals zählte nur eines für ihn: die Klitschkos vor die Fäuste bekommen und besiegen.
„Er hat die Schnelligkeit, die Wendigkeit, die Ausdauer und die Kraft, das zu schaffen“, meinte der einstige Weltmeister Lennox Lewis über seinen Landsmann. Haye, dem Killerinstinkt nachgesagt wird, hat bisher vier Kämpfe im Schwergewicht bestritten und gewonnen, darunter gegen den „Russen-Riesen“ Nikolai Walujew. Als ehemaliger Cruisergewichtler bringt er nur 96,5 Kilogramm auf die Waage, Klitschko wiegt 110 Kilo.
Wladimir Klitschko steht mit seinem Bruder Vitali dicht vor der Erfüllung eines Traumes: die Titel der vier großen Weltverbände in die Familie zu holen. 1,98-Meter-Hüne Wladimir ist WBO- und IBF-Champion, Zweimeterriese Vitali WBC-Weltmeister. Als letztes Stück der Begierde soll endlich der WBA-Gürtel ins Klitschko-Lager wechseln. Das wäre eine Einmaligkeit im internationalen Boxgeschehen.
Die meisten trauen Wladimir, der 55 von 58 Profi-Kämpfen gewonnen hat, davon 49 durch K.o., das Kunststück zu. „Wladimir wird ihn ausknocken. Das ist für mich keine Frage“, behauptet Vitali Klitschko. Sein 35-jähriger Bruder sieht das Gefecht als Strafmaßnahme für sämtliche Beleidigungen (Hyäne, beschissener Esel) und Geschmacklosigkeiten (enthauptete Klitschkos auf Shirts und in Video-Spielen).
„Das wird mein 50. K.o.“, verspricht Klitschko für den teuersten Kampf der deutschen Box-Geschichte. Rund acht bis zehn Millionen Euro werden für jeden Rivalen herausspringen, wird spekuliert. Bei hohen Einschaltquoten im britischen Bezahlfernsehen noch mehr.
„Das ist eine Werbung fürs Schwergewichtsboxen“, sagt Promoter Kalle Sauerland und schnalzt mit der Zunge. Der Berliner Boxstall ist an den Haye-Einnahmen nach dessen Sieg über Walujew beteiligt. „Sollte Haye gewinnen, hoffen wir, er macht weiter. Und ich glaube an einen vorzeitigen Sieg“, beteuert der Sohn von Manager Wilfried Sauerland.
Der schnelle Haye wird versuchen, Klitschko überfallartig zu attackieren wie einst der Südafrikaner Corrie Sanders, der Klitschko schon nach zwei Runden gefechtsunfähig über den Boden krabbeln ließ. „Die Niederlagen gegen Sanders und Brewster hat Wladimir aber verarbeitet. Er ist wesentlich stabiler, geradliniger und besser geworden“, urteilt Supervisor Jean-Marcel Nartz.
Ex-Weltmeister Mike Tyson legte sich in einem RTL-Interview fest: „Ich sehe keine Chance für Haye, wenn ich die Situation logisch betrachte. Klitschko hat keine Schwachpunkte, es sei denn, er bekommt einen Herzinfarkt in diesem Kampf.“ Tyson prophezeit Haye ein schnelles Ende: „Als objektiver neutraler Beobachter muss ich sagen, dies ist ein Zwei- oder Drei-Runden-Kampf.“