Klitschko schon vor 25. WM-Kampf stark gefordert

Oberhausen (dpa) - Wladimir Klitschko ist in seinem 25. WM-Kampf mental gefordert wie selten zuvor: Der Modellathlet muss den Underdog Alex Leapai ernst nehmen und gleichzeitig gegen quälende Gedanken an einen drohenden Krieg in seinem Heimatland Ukraine ankämpfen.

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Für den seit zehn Jahren unbesiegten Schwergewichts-Weltmeister geht es am 26. April in seinem 65. Profikampf sportlich nicht in erster Linie darum, Jubiläen zu feiern. Der Kampf gegen den ehemaligen LKW-Fahrer aus Australien soll für den 38 Jahre alten Titelträger in Oberhausen nur eine Station auf dem Weg zum 100-Prozent-Champion sein. Noch in diesem Jahr könnte sich Klitschko neben dem WBA-, IBF- und WBO-Titel auch den vierten Gürtel des WBC-Verbandes schnappen und damit die Königsklasse uneingeschränkt regieren.

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Bisher war sein 42 Jahre alter Bruder Vitali, inzwischen exponierter Politiker in der Ukraine, WBC-Weltmeister und ein Familienduell zwischen den beiden ausgeschlossen. Am 11. Mai soll zwischen Bermane Stiverne (Kanada) und Chris Arreola (USA) ausgeboxt werden, wer den niedergelegten Titel erhält. Wladimir Klitschko steht schon in den Startlöchern. Aber davor hat der in Samoa geborene Leapai noch eine kleine Hürde aufgebaut.

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Beim Wiegen kam es in Mülheim an der Ruhr zu einem erneuten Zwischenfall durch Störenfried Shannon Briggs. Der Ex-Weltmeister aus Brooklyn/New York, der bereits einige Tage zuvor die Pressekonferenz unterbrochen hatte, zog in einem Kaufhaus erneut die Aufmerksamkeit auf sich. Briggs sieht sich und nicht Leapai als legitimen Klitschko-Herausforderer. Der US-Amerikaner machte sich unablässig bemerkbar und bot Klitschko-Coach Jonathon Banks provozierend eine Million Dollar, um den Ukrainer zukünftig selbst trainieren zu können. Der Weltmeister, sein Herausforderer und Banks reagierten nicht auf den Zwischenfall.

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Wladimir Klitschko wird mit 112,2 Kilogramm in den Ring steigen, Leapai brachte 300 Gramm mehr auf die Waage. Auch für den vermeintlichen Außenseiter trimmte sich der Weltmeister im Schatten des Wilden Kaisers in Tirol im Fünf-Sterne-Hotel „Stanglwirt“ wochenlang auf WM-Form. Aber nur seinen Körper. Mit dem Kopf ist der nach Joe Louis am längsten amtierende Champion nach eigenen Worten „in der Ukraine“.

In seinem Heimatland kämpft sein Bruder Vitali seit Monaten als Anführer der Oppositionspartei Udar für Freiheit, Demokratie und einen pro-europäischen Kurs. Trotz der zugespitzten politischen Lage erwartet ihn der Weltmeister als moralische Stütze wieder in der Ringecke. „Ich hoffe, dass dieser Kampf den Menschen in der Ukraine Gefühle der Einheit geben wird“, sagte Wladimir Klitschko dem „Tagesspiegel“ (Samstagausgabe). „Im Ring wird einer stehen, der die ganze Ukraine vertritt.“

In der unabhängigen Weltrangliste rangiert Leapai, der im Alter von 36 zum ersten Mal um die WM boxt, an Nummer 27. „In Deutschland ist es nicht leicht, zu gewinnen, erst recht nicht gegen diesen Mann. Aber ich gehe dort hin, um ihn k.o. zu schlagen“, hatte der Außenseiter mit dem Kampfnamen „Löwenherz“ vor seinem Abflug erklärt.

Der in 37 Kämpfen 30 Mal siegreiche Leapai gilt als brutaler Haudrauf, dem technische Raffinessen abgehen. Gegen den schlagstarken Defensivboxer Klitschko (64 Kämpfe/61 Siege) droht dem 15 Zentimeter kleineren Australier, der am Samstag rund eine Million Euro kassieren soll, ein vorzeitiges Ende.

Nach dem eher unattraktiven Kampf und unspektakulären Sieg gegen Alexander Powetkin am 5. Oktober in Moskau will Klitschko in Oberhausen durch klare Treffer und einen Knockout glänzen. Er will seinen Dauererfolg fortsetzen, von Müdigkeit angeblich noch keine Spur. „Meine Mission ist noch nicht erfüllt. Ich bin nach wie vor begeistert und habe Leidenschaft. Allein das Ziel, irgendwann alle Titel zu halten, gibt mir Motivation“, sagte Klitschko.