Polen und Breslau stehen Kopf: Klitschko kommt
Breslau (dpa) - Vitali Klitschko kommt und Polen steht Kopf. Das neu erbaute Fußballstadion in Breslau ist wegen der Box-Weltmeisterschaft des Ukrainers gegen den Einheimischen Tomasz Adamek am Samstag ausverkauft.
Nahezu sämtliche Hotels in der niederschlesischen Stadt sind belegt - es sei denn, man kann 1420 Euro für eine Nacht in einem Vier-Sterne-Haus entbehren. „Der Boxabend wird wahrscheinlich das größte sportliche und gesellschaftliche Ereignis der letzten Jahre sein. Das sprengt schon alles, was es bis jetzt gab. Wir werden eine einzigartige Kulisse in den Farben rot-weiß erleben“, sagte Geschäftsführer Michael Brill vom Stadionbetreiber SMG Polska.
Die Veranstalter warnen die Zuschauer, so früh wie möglich anzureisen und sich auf lange Wartezeiten einzustellen. Klitschkos Auftritt gibt einen Vorgeschmack auf die Fußball-EM im nächsten Sommer, bei der Breslau mit seinem 42 000 Zuschauer-Stadion eine große Rolle spielt. Die Tickets gingen rasant weg - und das bei Eintrittspreisen, die höher sind als beim letzten Klitschko-Kampf im Juli in Hamburg und bei Einkommen der Einheimischen, die mit denen in Deutschland nicht im entferntesten zu vergleichen sind.
Schon die Ouvertüre ließ erahnen, welches Spektakel Samstagnacht zu erwarten ist. In einem Einkaufszentrum am Stadtrand verfolgten über 800 Zuschauer das öffentliche Training der beiden Rivalen. Die Sympathien waren einseitig: „Adamek, Adamek“-Schlachtrufe hallten durch das überfüllte Shopping Center. „Die polnischen Fans sind die Besten, sie lieben mich“, meinte Adamek. „Ich bin extrem hungrig auf diesen Kampf und werde für alle Polen kämpfen.“
Die Aufbruchstimmung konnte den Klitschkos nicht verborgen bleiben, selbst wenn sie es gewollt hätten. „Das wird eine ganz große Nummer, die Leute hier sind elektrisiert“, bemerkte Wladimir Klitschko. Der 35 Jahre alte Dreifach-Weltmeister, der seinem fünf Jahre älteren Bruder wie immer in der Ringecke zur Seite stehen wird, hat bisher nur positive Eindrücke und hofft, „dass das am Samstag auch so sein wird“.
Adamek hat etwas dagegen und sicherte sich sogar geistlichen Beistand. Nach dem Training traf er am vergangenen Wochenende mit dem ehemaligen Breslauer Kardinal Henryk Gulbinowicz zusammen. Sollte der David den Goliath wirklich in die Knie zwingen, was außer in Polen niemand so wirklich glaubt, käme dies einer Sensation gleich. „Das würde einem Erdrutsch gleichkommen und der ganzen polnischen Seele einen ungeheuren Auftrieb geben, der völlig neu wäre im Sport“, sagte SMG-Manager Brill dem TV-Sender RTL.
Vitali Klitschko brachte einen Tag vor der WM 12,1 Kilogramm mehr auf die Waage als Adamek. Klitschko wog 110,1 Kilo, Adamek 98,0 Kilo. Das ergab am Freitag das nichtöffentliche Wiegen im Haus einer TV-Produktionsfirma am Rande von Breslau. Der Grund für den großen Gewichtsunterschied: Adamek ist 14 Zentimeter kleiner als der 2,02 Meter große Klitschko und boxt erst seit November 2009 im Schwergewicht. Zuvor kämpfte er in der Klasse darunter (Cruisergewicht), in der er maximal 90,72 Kilogramm wiegen durfte.