Skandal bei WM: Boxer schlägt Ringrichter
Magdeburg (dpa) - Mit einem Tobsuchtsanfall im Ring hat Profi-Boxer Khoren Gevor seiner Karriere den Knockout versetzt. Gerade war der WM-Kampf gegen Titelverteidiger Robert Stieglitz wegen absichtlichen Kopfstoßes des Armeniers in der zehnten Runde abgebrochen worden, da rastete Gevor aus.
Erst ging er auf Stieglitz' Trainer Dirk Dzemski los, dann drosch er auf einen Betreuer ein - und schließlich schlug er auch noch Ringrichter Manfred Küchler. Sechs Sicherheitskräfte und mehrere Ordner mühten sich mit aller Kraft, den tobenden Ex-Europameister unter Kontrolle zu bringen. 5000 Zuschauer in der Magdeburger Bördelandhalle waren entsetzt. Mit riesiger Eskorte wurde Gevor in die Kabine bugsiert. „So was habe ich noch nicht gesehen“, staunte Komiker Karl Dall, der unmittelbar am Ring saß. Der einstige WM-Kämpfer Axel Schulz fühlte sich an frühere Skandale erinnert. „Das habe ich seit Tyson gegen Holyfield nicht mehr erlebt“, meinte Schulz. Damals hatte Ex-Weltmeister Mike Tyson seinem amerikanischen Landsmann ein Stück vom Ohr abgebissen.
Gevor, der früher beim Hamburger Universum-Stall ein stiefmütterliches Dasein fristete, jetzt in Kleve lebt und in Amsterdam trainiert, steht mindestens vor einer Sperre, wenn nicht gar vor dem Aus als Leistungssportler. „Bei der WBO wird er auf Lebenszeit gesperrt“, beteuerte der beim Kampfabend als Supervisor eingesetzte Jean-Marcel Nartz.
Beim Bund Deutscher Berufsboxer (BDB) und dem europäischen Verband (EBU) erwartet den 31-Jährigen, der gleich bei vier Anläufen auf den WM-Thron gescheitert ist, gleiches Schicksal. Nartz: „Dafür werde ich sorgen.“ Die anderen Weltverbände werden dem Beispiel vermutlich folgen. „Ich entschuldige mich für den Vorfall. Das schadet dem Boxsport zutiefst“, sagte Gevors Manager Peter Schulze kleinlaut.
Der 29 Jahre alte Supermittelgewicht-Weltmeister Stieglitz, der vom Kopfstoß eine klaffende Wunde am rechten Auge davontrug, behielt seinen Titel nicht nur wegen der Disqualifikation zu Recht. Er lag zum Zeitpunkt des Abbruchs bei zwei Punktrichtern mit fünf, beim dritten mit drei Zählern vorn. „Robert hätte ihn in den letzten beiden Runden ausgeknockt“, versicherte dessen Manager Ulf Steinforth, dem der Eklat sichtlich nahe ging. „Ich bin fast sprachlos“, meinte der 43 Jahre alte Chef des Magdeburger SES-Stalls, der Gevors Manager anklagte: „Du hast Khoren mit verrückt gemacht. Vielleicht bist du selber schuld?“
Schulze hatte zuvor versucht, das Kampfgericht neu besetzen zu lassen, weil er Betrug witterte; er riet seinem Boxer, wegen angeblicher Vergiftungsgefahr nicht im Hotel zu essen und vermutete selbst beim angebotenen Fahrdienst kriminelle Energie.
Derzeit ist das Profi-Boxen auf dem Weg zurück in die Schmuddelecke, aus der es einst gekommen ist. Übelste Beschimpfungen zwischen Managern nach einem Klitschko-Kampf, Schießereien während einer kleineren Veranstaltung in Berlin, bei der Ex-Weltmeisterin Rola El-Halabi und zwei Sicherheitsleute verletzt worden sind - und nun der Angriff eines Boxers auf Ringrichter und Betreuer.