Trotz Verletzung: Abraham verteidigt Titel mit links
Berlin (dpa) - Die Pflichtaufgabe erledigte Box-Weltmeister Arthur Abraham zwangsläufig mit links und feierte trotzdem seinen 40. Profisieg.
Seine verletzte rechte Schlaghand konnte der Berliner Supermittelgewichtler nicht wie gewohnt einsetzen. Trotzdem gab es an dem einstimmigen Punktsieg (116:113, 116:112, 119:110) über Nobody Nikola Sjekloca aus Montenegro vor 5500 Zuschauern nichts zu deuteln.
„Bei dem vorangegangen Titelkampf gegen Stieglitz hatte ich mir einen Haarriss zugezogen. Wir haben uns im Training darauf eingestellt. Es hat geklappt: Ich konnte Sjekloca auch mit einer Hand bezwingen - die Linke hat gereicht“, sagte der 34 Jahre alte WBO-Weltmeister, der offensichtlich nur Trainer Ulli Wegner in das Komplott um die Verschleierung der Verletzung einbezogen hatte.
Das Abraham-Management reagierte in den Katakomben des Berliner Velodroms jedenfalls irritiert auf das Bulletin. „Bei mir steigen nur Boxer in den Ring, die hundertprozentig fit sind. Natürlich hätten wir den Kampf abgesagt, wenn die Verletzung so gravierend ist, wie Arthur berichtet. Wir wussten nichts davon, nach dem Stieglitz-Kampf war immer von einer Prellung die Rede“, erklärte Manager Wilfried Sauerland.
Zuvor hatte er wegen Verletzungen und Erkrankungen zwei WM-Termine mit den Titelträgern Marco Huck und Pablo Hernandez absagen müssen. Vielleicht hatte das bei Abraham besonderen Druck erzeugt, zumal der Sauerland-Stall um den Fortbestand seiner TV-Kooperation mit der ARD ab 2015 bangen muss. Den Kampf wollten 3,6 Millionen Zuschauer sehen, die Verletzung ließ auch Mäkler verstummen, die über einen verpassten K.o.-Sieg hätten lamentieren können. Mit einer Hand war selbst Sjekloca nicht auszuknocken.
„Wir wussten das mit der Hand, aber das war kein Grund zur Absage“, meinte Wegner, der Abraham 2006 auch zum Punktsieg im WM-Kampf über Edison Miranda trieb, obwohl sich sein Schützling in der vierten Runde den Kiefer gebrochen hatte. „Im Training auf den Sjekloca-Kampf hat er die Verletzung kaum noch gespürt“, meinte Wegner. „Beim Boxen sind Verletzungen an der Tagesordnung, das ist doch halb so schlimm“, assistierte Abraham.
Bei der Pressekonferenz nach dem Kampf, den Abraham erst nach Anlaufschwierigkeiten gegen den größeren Sjekloca in den Griff bekam, war von einer schweren Blessur nicht viel zu sehen. Die Hand wirkte nicht geschwollen und wurde nicht gekühlt. „Ich gehe am Montag ins Krankenhaus, und dann wird geröntgt. Wie lange ich pausieren muss, kann ich nicht sagen“, erklärte Abraham, der eigentlich schon wieder im August boxen will.
Immer, wenn er doch mal die gefürchtete Rechte brachte, „wurde mein ganzer Körper vor Schmerz geschüttelt - wie bei einem Stromschlag“, berichtete der in Armenien geborene Berliner. Immerhin war er in den Ringpausen noch so abgebrüht, ein bisschen mit Freunden in der ersten Reihe zu schäkern.
Auch Sjekloca, der solide Amateurausbildung verriet, dem aber jeglicher Dampf in den Fäusten fehlte, ging nicht mit 100 Prozent in den Ring. „Ich hatte nur zweieinhalb Wochen Zeit, um mich vorzubereiten. Es fehlte ein bisschen Kondition. Privat hatte ich viel um die Ohren - meine Frau erwartet Zwillinge“, erzählte der Montenegriner, der in der 9. Runde einen Cut auf dem rechten Jochbein erlitt.
Das war das Ergebnis der häufig treffenden linken Führhand des Weltmeisters, die an diesem Abend die Hauptarbeit verrichtete. „Ich habe zu viele Jabs genommen - Arthur hat zu Recht gewonnen“, gestand der Herausforderer ein. Obwohl Wegner von Abrahams offensichtlichem Handicap wusste, krächzte er mit seiner heiseren Stimme besonders in den müden Anfangsrunden ohne Unterlass und forderte immer wieder: „Mach doch mal was - hau da richtig rein.“