Fußball Das kuriose Schäfer-Double

Osnabrück · Eine kleine Zeitreise: Meister mit Borussia Mönchengladbach, Pokalsieger mit Kickers Offenbach

Winfried Schäfer spricht nach dem Training seiner Mannschaft Esteghlal Teheran mit Medienvertretern.

Foto: dpa/Farshid-Motahari Bina

Winfried Schäfer sitzt auf der Terrasse des Hotels Traube Tonbach in Baiersbronn, freut sich des Lebens und geht mit uns gern auf eine kleine Zeitreise: 50 Jahre zurück, er war gerade 20 und schaffte in seiner zweiten Bundesligasaison ein Kunststück, das im deutschen Fußball einmalig bleiben wird. Film ab: So gewann „Winnie“ Schäfer 1970 das Double – mit zwei Vereinen.

Zwei Jahre zuvor war der Junge aus der Eifel nach Mönchengladbach gekommen, wo Trainer Hennes Weisweiler bekannt für zwei Dinge war: Er ließ stürmen, und er förderte Talente. Und so war dieser rotblonde, bissige und ballsichere Schäfer bald Stammspieler bei der Borussia, die endlich nicht nur Sympathien, sondern auch einen Titel gewann.

Schäfer zerreißt seinen Vertrag mit dem 1. FC Köln

„Wir haben weiter offensiv gespielt, aber wir hatten mit Luggi Müller und Klaus-Dieter Sieloff die Abwehr verstärkt – das war der Schlüssel“, erinnert sich Schäfer an die erste von fünf Gladbacher Meisterschaften.

Bleiben wollte er am Bökelberg nicht, denn er hatte dem Werben des 1. FC Köln nachgegeben und einen Vorvertrag unterschrieben. Aber dann las Schäfer auf dem Rückweg aus dem Urlaub in der Zeitung , die Kölner Spieler um den WM-Star Wolfgang Overath hätten geäußert, sie bräuchten keine weiteren Mittelfeldspieler. „Ich fuhr nach Köln, ließ mir in der Geschäftsstelle den Vorvertrag geben und habe ihn vor den Augen des Präsidenten Oskar Maaß zerrissen.“

So landete er bei den Offenbacher Kickers, die gerade in die Bundesliga aufgestiegen waren. Doch ehe die Saison 1970/71 offiziell beginnen konnte, musste die alte abgeschlossen werden. Denn der Jahrhundertwinter 1969/70 hatte für 45 Spielausfälle gesorgt, sodass die Bundesliga gerade noch vor dem Aufbruch der Nationalmannschaft zur WM nach Mexiko beendet werden konnte. Geopfert hatte man in dem Terminchaos den DFB-Pokal. Nur die erste Runde war absolviert, der Rest wurde in die neue Spielzeit verschoben. Borussia Dortmund, Eintracht Frankfurt und der 1. FC Nürnberg schalteten die Kickers innerhalb von zweieinhalb Wochen aus – mit Neuzugang Winfried Schäfer. Und der traf im Finale am 29. August 1970 in Hannover auf den 1. FC Köln, der ihn von Gladbach weggelockt und dann nicht mehr gewollt hatten.

„Die Kölner waren haushoher Favorit, uns hatte keiner auf der Rechnung. Aber wir haben das Mittelfeld beherrscht“, erzählt Schäfer, der den großen Overath ausstach. Über sein kurioses Double wurde kaum geschrieben damals, aber für Schäfer ist es trotz aller Erfolge, die er danach als Spieler und als Trainer – vor allem mit dem Karlsruher SC – noch feierte, etwas ganz Besonderes: „Ich denke jedes Jahr daran, wenn das Pokalfinale ansteht.“

Der Karlsruher SC könnte
ihn wieder gebrauchen

Endstation der Zeitreise. Winnie Schäfer feiert an diesem Tag in der „Traube“ den Geburtstag seiner Frau, mit der er seit 49 Jahren verheiratet ist. Da tritt der Fußball mal zurück, selbst das Double verblasst, obwohl es wohl für die Ewigkeit ist. Zuletzt war er in Abu Dhabi, mal wieder.

Von dort hat er dem Karlsruher SC gratuliert – zum Klassenerhalt in der 2. Bundesliga. Als er beim KSC Trainer war – insgesamt zwölf Jahre – feierte man Siege gegen die Bayern, den Sprung in die Spitzengruppe und den Einzugs ins Uefa-Cup-Halbfinale.

Vor einer neuen Aufgabe ist ihm auch im Alter von 70 Jahren nicht bange. So wie die – nun etwas grau durchsetzte, aber immer noch legendäre – rotblonde Mähne noch immer weht, brennt in ihm noch das Feuer. Seinem Karlsruher SC, der gerade eine neue Führung sucht, hat er zu den Glückwünschen einen Satz zum Nachdenken geschickt: „Es müssen Leute gewählt werden, die nicht den KSC brauchen, sondern die der KSC braucht – für einen Neubeginn!“