DEG-Geschäftsführer im Interview Stefan Adam: „Primäres Ziel lautet, überlebensfähig zu bleiben“

Düsseldorf · Der DEG-Geschäftsführer muss eine Saison planen, von der keiner weiß, wie sie aussieht. Und ausgerechnet jetzt drohen auch noch Nachzahlungen.

Stefan Adam und die Düsseldorfer EG sind derzeit mit Krisenmanagement und der Planung für die Zeit danach beschäftigt.

Foto: Horstmüller

Stefan Adam hat derzeit alle Hände voll zu tun und kann dennoch nur wenig erledigen. Im Gespräch mit unserer Zeitung gibt der 47 Jahre alte Geschäftsführer der DEG Auskunft über den Kampf um Sponsoren, „Geisterspiele“ und das leidige Thema VBG.

Herr Adam, erzählen Sie den Lesern doch mal, wie ihr Tagesablauf als Geschäftsführer der Düsseldorfer EG in diesen Wochen so aussieht. . .

Stefan Adam: Die Aufgaben rund um das Management der aktuellen Krisensituation sind natürlich ganz andere als sonst. Während normalerweise März, April und Mai mit Play-offs sowie der WM die drei Highlight-Monate des Eishockeys sind und wir hoffentlich lange in den Play-offs dabei gewesen wären, jagt zurzeit eine Telefon-Konferenz die nächste. Wir beschäftigen uns überwiegend damit, wie wir diese schwierige Phase gemeinsam überstehen. Und natürlich versuchen wir zudem konzeptionell das eine oder andere zu hinterfragen sowie durchzudenken, um für die Zukunft nach der Krise noch besser gerüstet zu sein.

Wie steht es denn um die Finanzen der DEG? Musste Kurzarbeit angemeldet werden? Gab es einen Gehaltsverzicht?

Adam: Für die Mitarbeiter im sportlichen wie auch im nicht-sportlichen Bereich haben wir Kurzarbeit angemeldet. Ein Gehaltsverzicht wurde für die abgebrochene Saison nicht vereinbart. Wir DEL-Vereine befinden uns ja in einer etwas anders gelagerten Situation als die Profi-Ligen von Fußball, Handball oder Basketball. Wir haben zumindest die Hauptrunde in vollem Umfang beendet und somit weitestgehend unsere Leistungen gegenüber Sponsoren, Dauerkarteninhabern sowie den TV-Vertragspartnern erfüllt.

Was bedeutet das konkret?

Adam: Dass wir unser bis zum 30. April laufendes Geschäftsjahr wohl mit einem hellblauen Auge überstehen werden können. Ein Erreichen der Play-offs ist bei uns ja nicht vorab kalkuliert. Das sollte grundsätzlich auf alle 14 Klubs der DEL zutreffen. Dennoch stellt das vorzeitige Saisonende natürlich besonders jene Vereine vor Probleme, welche die Play-offs nach einer guten Saison erreicht hatten. Noch deutlich schwieriger gestaltet sich die Situation dann mit Beginn des neuen Geschäftsjahres am 1. Mai. Dabei geht es nämlich nicht nur um wirtschaftliche Dinge. Es ist eine enorme Herausforderung, sich ganz generell auf viele mögliche Szenarien einzustellen und die richtigen Lösungen dafür zu finden.

Die größte ist aber dennoch sicher der Kampf um Sponsoren. Inwieweit können Sie in dieser Hinsicht aktuell überhaupt aktiv werden?

Adam: Es lässt sich im Moment natürlich nicht so viel gestalten wie gewünscht. Viele unserer aktuellen Partner besitzen auch für die Saison 2020/21 einen Vertrag. Mit diesen halten wir ebenso Kontakt wie mit Partnern, deren Verträge auslaufen und mit denen wir gerne verlängern wollen. Die Rückmeldungen der Partner sind trotz der Lage grundsätzlich sehr positiv. Wer es kann, der möchte auch weiterhin unbedingt hinter der DEG stehen. Diese positiven Signale sind für alle unsere Mitarbeiter eine große Motivation. Partner zu binden ist jedoch derzeit eine ebenso große Herausforderung wie die Akquise neuer Partner. Etliche Unternehmen haben gerade komplexe Management-Aufgaben zu lösen. Sport-Sponsoring steht da verständlicherweise nicht immer ganz oben auf der Agenda. Es gilt daher ein feines Gespür zu entwickeln, Gespräche zu führen ohne aufdringlich zu sein.

Zumal bereits entschieden ist, dass Großveranstaltungen bis zum 31. August untersagt bleiben. Wie ist Ihre Einstellung dazu?

Adam: Eine wirklich fundierte Meinung dazu möchte ich mir nicht anmaßen. Ich halte die Anordnung jedoch zumindest für diskussionswürdig. Jeder spricht davon, die Lage sei sehr dynamisch und ändere sich nahezu täglich. Von daher ist nicht vollständig nachvollziehbar, dass eine so weitreichende Entscheidung im Vorgriff auf einen Zeitraum von mindestens viereinhalb Monaten jetzt schon abschließend gefällt werden kann.

Selbst danach könnte es zunächst mit Spielen ohne Zuschauer weitergehen. Oder müssen dann andere Lösungen her?

Adam: „Geisterspiele“ sind außer in der ersten und zweiten Fußball-Bundesliga nicht vorstellbar. Mit ihnen hätten wir volle Gehälter zu zahlen und müssten überdies Mieten, Reisekosten, Logistik sowie anderes mehr finanzieren ohne Erlöse aus Ticketing sowie Merchandising  generieren zu können. „Geisterspiele“ könnten nur eine absolute Notlösung für einen minimalen Zeitraum sein, um unter Umständen zumindest TV- sowie Sponsoring-Geld verbuchen und so eine Existenz-Gefahr entschärfen zu können. Aber wir haben alle keine Glaskugel. Das primäre Ziel muss immer lauten, überlebensfähig zu bleiben.

Da kommt die Erhöhung der Abgaben an die Berufsgenossenschaft zur Unzeit, oder?

Adam: Das war schon immer ein riesiger Kostenblock für jeden Verein. Doch dieses Thema in vollem Umfang zu erklären, würde den Rahmen unseres Telefonates sprengen. Auf höchsten sportpolitischen Ebenen werden darüber derzeit intensive Gespräche geführt, von daher lediglich soviel: Die VBG hat nicht nur eine deutliche Beitragserhöhung für 2020 beschlossen, sondern darüber hinaus auch noch eine hohe rückwirkende Anhebung für 2019. Auch mit größter kaufmännischer Sorgfalt konnte diese zusätzlichen sechsstelligen Kosten kein Verein in seinen Budgets der nun beendeten Saison respektive der Spielzeit davor einplanen.