Düsseldorf im Derby gegen Köln Die DEG vor dem Hammer-Start
Düsseldorf · Nach 284 Tagen beginnt für die Düsseldorfer in Köln in die neue Eishockey-Saison. Was sportlich zu erwarten ist? Wie sich die Pandemie auf den Spielbetrieb auswirkt? Vieles ist unklar.
Harold Kreis steht nicht gerade im Verdacht, die Dinge auf die leichte Schulter zu nehmen. Der 61 Jahre alte Eishockeylehrer ist ein belesener Mann, und wenn er sich nach gründlicher Überlegung eine Meinung gebildet hat, dann vertritt er sie auch. Da überraschte es nicht, dass er seiner anfänglichen Skepsis gegenüber den Plänen der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) öffentlich Ausdruck verlieh. Selbst für einen wie ihn, der sein Geld damit verdient, erschloss sich nicht, warum man inmitten einer Pandemie Eishockey spielen muss. „Die Gesundheit ist das Wichtigste“, pflegt Kreis stets zu sagen. Und auch jetzt halte er folgende Frage für berechtigt: „Ist Sport notwendig?“
Inzwischen hat er sich mit den Begebenheiten arrangiert. Dass es in der Branche und auch bei seiner Düsseldorfer EG Corona-Fälle gab, lässt sich nicht wegdiskutieren. Aber grundsätzlich greift das Konzept mit regelmäßigen Tests, Masken außerhalb des Eises und wenigen Kontakten. Also sagt Kreis nun: „Wir sind dankbar, dass wir unseren Beruf ausüben dürfen, andere dürfen es nicht oder nur unter extremen Bedingungen. Das ist uns bewusst.“
Fragezeichen gibt es
vor allem im Tor
Nach voller Überzeugung klingt das immer noch nicht. Aber jetzt geht es nun mal los. Und wie: Die DEG spielt zum Auftakt bei den Kölner Haien. 284 Tage nach ihrem letzten DEL-Spiel, danach sollten eigentlich die Play-offs beginnen. Eigentlich. Im Sommer hat sich viel getan an der Brehmstraße. Spieler kamen und gingen, auch der Geschäftsführer ist neu: Harald Wirtz ersetzte Stefan Adam, der die laut Augenzeugen chaotische Buchführung binnen vier Jahren in geordnete Bahnen gelenkt hatte. Doch im Spätsommer trauten die Klubbesitzer Adam nicht mehr zu, die DEG durch eine Pandemie zu navigieren.
Nun ist Wirtz der neue starke Mann. Und verkündete diese Woche: „Die Saison ist finanziert.“ Aber es gibt harte Einschnitte, die DEG verliert ohne Fans in der Halle (zuletzt 8642 im Schnitt) einen Großteil ihrer Einnahmen. Zwar gab es Geld vom Staat und noch mal was von den Gesellschaftern, auch die Sponsoren blieben meist treu, aber es mussten Millionen gespart werden. Also ging das Personal erst in Kurzarbeit und verzichtete danach auf Gehalt, mehr als beim Kurzarbeitergeld (2900 Euro) gibt es nicht. Manche Spieler wollten das nicht und sind nun weg. Doch der Großteil stimmte zu, um überhaupt spielen zu können.
Das war über Monate nicht möglich. Erst im November ging es aufs Eis. Macht sechs Wochen Training und sieben Testspiele (drei Siege). Und einfach waren die nicht: Corona-Fälle, immer neue Verletzte – es komme ihm vor, als habe er „jeden zweiten Tag eine neue Mannschaft“, sagt Kreis. Aber was sollen erst die Kölner sagen? Der Zuschauerkrösus (13 333 im Schnitt) schien gar vor dem Aus zu stehen, erst eine durch Lokalprominenz angeheizte Hilfsaktion brachte das nötige Geld. Für das Vorbereitungsturnier reicht es aber nicht, so sind die Haie erst seit zwei Wochen voll im Training, erlebten nur zwei Testspiele.
Da geht die DEG mit einem Vorteil ins 228. Derby. Doch ein Sieg ist längst nicht garantiert. Generell ist ja nicht abzusehen, wo es hingeht. Das Ziel ist ein Platz unter der ersten Vier der Regionalgruppe. Ob´s klappt? Fragezeichen gibt es vor allem im Tor, hat die DEG doch den überragenden Mathias Niederberger verloren und geht nun mit einem 22-Jährigen und einem 20-Jährigen in die Saison. Das lässt sich gut an, aber sind sie konstant genug? Kreis hofft drauf, in Köln setzt er auf den zuletzt starken Mirko Pantkowski.
Das größte Problem ist aber der Spielaufbau. Handlungsschnelligkeit unter Druck, Laufwege, klare Pässe. Dinge, die nach langer Pause nicht automatisiert klappen. Gerade mit vielen Neuen. Weniger Sorgen bereitet der Angriff, Rückkehrer Daniel Fischbuch scheint die erhoffte Verstärkung zu sein. Aber reicht das für die Play-offs?
Die unsichere Perspektive speist sich auch aus anderen Fragen. Wer weiß schon, wo es Corona-Fälle geben wird? Ob ein Team in Quarantäne muss und Spiele verschoben werden oder ausfallen? Ob irgendwann die ganze Saison abgebrochen werden muss. Denn es ist ja verflixt: Monatelang wartete die DEL, und wo es losgeht, fährt das ganz Land notgedrungen runter. Trotzdem gibt es keine Alternative zum Start. Dass der nicht ohne Risiko ist und ohne Fans sowie volle Gehälter kein Vergnügen wird, ist allen Beteiligten klar. „Aber gar nicht spielen, wäre schlimmer gewesen“, sagt Geschäftsführer Wirtz.